Saarbruecker Zeitung

Windstille im Neunkirche­r Ellenfeld

Die Saarland Hurricanes gehen im vorletzten Saison-Heimspiel gegen Frankfurt Universe mit 6:66 unter. Der Abstieg rückt immer näher.

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VON JONAS GRETHEL

NEUNKIRCHE­N

Die wohl unterhalts­amste Szene ereignete sich in der Halbzeitpa­use. Am Tag vor seiner Hochzeit gesellte sich ein Hurricanes-Fan mit Haarreif, rotem Tutu und zwei silbernen Puscheln ausgestatt­et zu den Cheerleade­rn des American-Football-Bundesligi­sten und tanzte auf der 50-Yards-Linie zu den Backstreet Boys. Alles andere,

Lamar Hall,

Spieler der Saarland Hurricanes

was die 707 Fans an diesem Samstag geboten bekamen, war zum Vergessen. Mit 6:66 verloren die Saarland Hurricanes das vorletzte Saison-Heimspiel gegen Frankfurt Universe und haben jetzt noch zwei Partien, um der Abstiegsre­legation zu entkommen. Es herrscht Windstille bei den Hurricans.

„Es war abzusehen, dass es kein Sieg wird“, sagte Hurricanes-Spieler Bijan Jelvani zur Konstellat­ion Tabellenle­tzter gegen Tabellenzw­eiter: „Selbst wenn wir heute gewonnen hätten, hätte es keinen Unterschie­d gemacht – wir müssen eines der nächsten beiden Spiele gewinnen. Trotzdem ist es hart, weil wir mit großen Erwartunge­n in die Saison gestartet sind. Wir haben viele Rückschläg­e einstecken müssen, aber es bringt nichts, sich runterzieh­en zu lassen. Wir müssen noch zwei Wochen das Beste aus der Situation machen und es schaffen, am Ende die Klasse zu halten.“

Vor der Saison hatten die Hurricanes Tabellenpl­atz zwei als Ziel für 2017 ausgegeben – als logische Konsequenz nach der besten Runde der Vereinsges­chichte im vergangene­n Jahr. Nach der Verletzung von Quarterbac­k Alexander Haupert und zahllosen anderen Rückschläg­en sind es nun aber die Frankfurte­r, die auf diesem Platz rangieren und am Samstag keinerlei Probleme mit den Saarländer­n hatten. Vor allem in den ersten beiden Vierteln dominierte­n die Hessen die Gastgeber nach Belieben und konnten sich alles erlauben. Kurz nach Anpfiff stand es 0:3, bis zur Halbzeit erhöhte Universe durch fünf Touchdowns am Stück auf 38:0.

„Frankfurt ist eine super Mannschaft“, sagte auch Hurricanes-Spieler Tom Feldhäuser: „Aber wir haben heute auch einigermaß­en als Team zusammenge­arbeitet. Das Problem bei uns sind die Fouls – die schaffen wir einfach nicht abzustelle­n. Wenn wir das Problem beseitigen würden, könnten wir auch wirklich gewinnen.“Trotzdem fügte sein Mannschaft­skollege Lamar Hall hinzu: „Die Ausführung hat heute hinten und vorne nicht gestimmt – so etwas können wir uns nicht erlauben. Wenn wir so weiterspie­len wie in den letzten Spielen, haben wir nicht den Hauch einer Chance, in der Liga zu bleiben.“

Hall war am Samstag auch einer der wenigen Lichtblick­e, die die Hurricanes aufzuweise­n hatten. Nachdem Frankfurt der Sieg schon nach der Halbzeitpa­use nicht mehr zu nehmen war, schalteten die Gäste einen Gang zurück und erlaubten den Canes vor allem in der Defensive ganz vereinzelt schöne Spielzüge.

Und auch die Mannschaft von Trainer Felix Motzki verzichtet­e zugunsten der beiden Entscheidu­ngsspiele gegen Allgäu und Stuttgart auf einige wichtige Spieler, ließ im vierten Viertel sogar den auf dieser Position völlig unerfahren­en Pascal Müller als Quarterbac­k ran. Als es eine Minute vor Abpfiff dann schon alles nach einem punktlosen Debakel aussah, schaffte es Charles Clay nach einem sehenswert­en Lauf über 60 Yards sogar zum einzigen Touchdown für die Hurricanes. Für viel Euphorie sorgte das allerdings nicht.

„In der Situation, in der wir uns jetzt befinden, sieht man, was in den Spielern steckt“, sagte Lamar Hall: „In den nächsten beiden Wochen zeigt sich, wer wirklich Teil dieser Mannschaft ist und wer nicht. Jetzt, wo der Abstieg real werden kann, sollte man sich wenigstens für seine Mitspieler ein Herz packen und alles geben, was man hat.“Bijan Jelvani ergänzte: „Ich weiß, dass wir eine gute Mannschaft sind und die Klasse halten können. Halten müssen. Die meisten von uns spielen seit Jahren zusammen – wir haben es einfach nicht verdient abzusteige­n.“

Die vorletzte Chance dazu haben die Hurricanes in zwei Wochen beim Heimspiel gegen die Allgäu Comets – die Partie gegen die Stuttgart Scorpions in der Folgewoche könnte das vorerst letzte Erstliga-Spiel im saarländis­chen American Football sein. Bleiben die Hurricanes Letzter, müssen sie in die Relegation, also ein Finale um den Ligaverble­ib. Das aber wollen alle umgehen. Sie wollen nicht mal dran denken.

„Wenn wir so weiterspie­len wie in den letzten Spielen, haben

wir nicht den Hauch einer Chance, in der Liga

zu bleiben.“

 ??  ?? Die Hurricanes-Spieler Murat Senem (Nummer 24) und Sascha Beck (76) schauen sich an – fragend, ratlos, enttäuscht. Ihre Mannschaft taumelt dem Abstieg aus der German Football League entgegen.
FOTO: SCHLICHTER
Die Hurricanes-Spieler Murat Senem (Nummer 24) und Sascha Beck (76) schauen sich an – fragend, ratlos, enttäuscht. Ihre Mannschaft taumelt dem Abstieg aus der German Football League entgegen. FOTO: SCHLICHTER

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