Saarbruecker Zeitung

Ex-Referentin wirft AfD im Saar-Landtag Belästigun­g vor

Die Vorsitzend­e Astrid Schramm gibt ihr Amt auf und drängt auf einen Neuanfang. Fraglich ist, welche Rolle Thomas Lutze dabei spielen wird.

- VON DANIEL KIRCH

SAARBRÜCKE­N (kir) Eine ehemalige Mitarbeite­rin der AfD-Fraktion im saarländis­chen Landtag wirft ihren früheren Vorgesetzt­en Mobbing und sexuelle Belästigun­g vor. Die Ex-Presserefe­rentin, die im September entlassen worden war, fordert vor dem Arbeitsger­icht Schmerzens­geld. Die Fraktion weist die Vorwürfe, über die der „Stern“berichtete, vehement zurück: Sie seien „von A bis Z erstunken und erlogen“.

Bei den Linken glühen dieser Tage die Telefondrä­hte. Anderthalb Wochen vor dem Landespart­eitag loten führende Parteivert­reter in vertraulic­hen Gesprächen aus, wie die neue Parteispit­ze aussehen soll – und vor allem, wie den peinlichen Querelen der vergangene­n Monate mit unzähligen Parteiauss­chlussverf­ahren und Anzeigen ein Ende bereitet werden kann. Selbst über die Grenzen der verfeindet­en Lager wird verhandelt.

Ein Ergebnis der Diskussion­en gibt es bereits: Die seit 2013 amtierende Landesvors­itzende Astrid Schramm wird den Posten beim Parteitag am Samstag kommender Woche in Völklingen abgeben. „Ich werde nicht mehr antreten“, bestätigte sie der SZ. Sie wolle einen Neuanfang unterstütz­en.

Dieser Neuanfang könnte so aussehen, dass die Landespart­ei künftig, wie auch die Bundespart­ei, von einem Duo geführt wird, bestehend aus einem Mann und einer Frau. Beim Landespart­eitag wird jedenfalls ein Antrag für eine quotierte Doppelspit­ze zur Abstimmung stehen. Die Erfolgsaus­sichten dieses Antrages, der vom Forum Demokratis­cher Sozialismu­s (FDS) gestellt wird, einer Gruppe aus dem Umfeld des Bundestags­abgeordnet­en Thomas Lutze, sind ungewiss, weil dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist.

Im Lager von Oskar Lafontaine wird seit einiger Zeit an einer neuen Parteispit­ze gebastelt, auch wenn er sich aus den Niederunge­n der Parteipoli­tik weitgehend heraushält. Der Lafontaine-Vertraute und ehemalige Geschäftsf­ührer der Landtagsfr­aktion, Heinz Bierbaum, brachte gestern Jochen Flackus als Nachfolger Schramms ins Gespräch. Flackus war in den 90er Jahren ein enger Mitarbeite­r von Oskar Lafontaine, seit März sitzt der 62-Jährige im Landtag und managt die Linksfrakt­ion. Ein Parteisold­at ist er nicht, seit seinem Eintritt in die Linke vor neun Jahren hat er kein einziges Parteiamt übernommen.

„Jochen Flackus wird beim Neuaufbau eine ganz zentrale Rolle spielen“, sagte Bierbaum im SR. Das sieht Flackus ähnlich. „Selbstvers­tändlich“sei er bereit, eine Rolle beim Neuanfang der Partei zu spielen, sagt Flackus, auch wenn er nicht explizit vom Landesvors­itz spricht. Aber ihm ist sehr wohl klar, dass es auf ihn hinauslauf­en könnte. Es bedürfe noch einiger Gespräche, sagt er. Grundsätzl­ich habe er auch mit einer Doppelspit­ze kein Problem. Hauptsache „Neuanfang“.

Allerdings gibt es unter Umständen Leute in der Linken, die ein Problem mit Jochen Flackus haben. Der Bundestags­abgeordnet­e und Schatzmeis­ter Thomas Lutze hält Flackus für eine mögliche Variante: „Kann man machen.“Es wird dieser Tage ein Gespräch zwischen beiden geben, bei dem sich einiges klären soll. Aber Begeisteru­ng ist bei Lutze nicht herauszuhö­ren. Er hat bereits vor Wochen signalisie­rt, dass er keinen Abgeordnet­en an der Parteispit­ze will. Es sei auch kein Geheimnis, dass er sich von Flackus bei der Aufstellun­g der Bundestags­liste eine vergleichb­are Unterstütz­ung gewünscht hätte, wie er sie Flackus bei der Landtagswa­hlliste gegeben habe. „Es steht 1:0, was die bisherige Unterstütz­ung angeht“, sagt Lutze. Wenn er ihn jetzt wieder unterstütz­e, stehe es 2:0. „So funktionie­rt Politik nicht.“Das könnte bedeuten, dass Lutze eine Gegenleist­ung beanspruch­t. Er will wieder als Schatzmeis­ter kandidiere­n, wogegen es bei den Lafontaine/Flackus-Leuten aber, zurückhalt­end formuliert, Vorbehalte gibt. Lutze gilt dort als untragbar, weil ihm und seinem Umfeld Wahlmanipu­lationen bei der Listenaufs­tellung vorgeworfe­n werden, was freilich nicht bewiesen ist. Schramm sagte, wenn im neuen Landesvors­tand die gleichen Köpfe seien wie im alten, werde sich in der Partei nichts ändern. Sie denkt dabei insbesonde­re an Lutze und den Landesgesc­häftsführe­r Andreas Neumann, denen Schramm seit längerem nicht mehr über den Weg traut.

Sollte der Antrag auf eine Doppelspit­ze durchkomme­n, stellt sich die Frage, wer dann der weibliche Part des Duos wäre. Immer wieder fällt der Name Barbara Spaniol. Doch da winkt Lutze bereits ab: Zwei führende Abgeordnet­e der Landtagsfr­aktion an der Parteispit­ze – „das wird meine Unterstütz­ung auf keinen Fall bekommen“.

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Jochen Flackus
FOTO: BECKER&BREDEL FOTO: LINKE Astrid Schramm Jochen Flackus
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