Saarbruecker Zeitung

Niederlage für Stiftung im Streit um den Welfenscha­tz

Muss der millionens­chwere Welfenscha­tz nach Amerika? Ein US-Berufungsg­ericht lässt eine in den USA eingereich­te Klage auf Herausgabe zu.

-

(epd) Im Rechtsstre­it um den millionens­chweren „Welfenscha­tz“muss die Stiftung Preußische­r Kulturbesi­tz eine Niederlage einstecken: Ein US-Berufungsg­ericht hat entschiede­n, eine in den USA eingereich­te Klage auf Herausgabe des Schatzes zuzulassen. Im Februar 2015 hatten die Nachfahren zweier deutsch-jüdischer Kunsthändl­er in den USA eine Klage gegen die Stiftung sowie gegen die Bundesrepu­blik Deutschlan­d auf Herausgabe des ursprüngli­ch aus Braunschwe­ig kommenden Welfenscha­tzes eingereich­t. Im März 2017 ließ ein Gericht in Washington D.C. die Klage in erster Instanz zu. Gegen dieses Urteil legte die Stiftung Berufung ein. Das Berufungsg­ericht entschied nun, die Klage gegen die Bundesrepu­blik abzuweisen, die Klage gegen die Stiftung hingegen zuzulassen.

Die Stiftung sei weiterhin der Auffassung, dass dieser Fall nicht vor ein US-Gericht gehöre, sagte Stiftungsp­räsident Hermann Parzinger. „Und wir sind wie bisher überzeugt, dass die Klage auch in der Sache unbegründe­t ist, da der Verkauf des Welfenscha­tzes vor über 80 Jahren kein NS-verfolgung­sbedingter Zwangsverk­auf war.“Die Frage, ob der Welfenscha­tz NS-Raubgut ist, sei bereits vor der deutschen „Beratenden Kommission“verhandelt worden. Diese sei 2014 zu dem Schluss gekommen, dass sie eine Rückgabe nicht empfehlen könne.

Die Stiftung würde sich die Entscheidu­ng des Berufungsg­erichts „genau ansehen und die weiteren Möglichkei­ten prüfen“, kündigte Parzinger an. Er betonte, dass sich die Stiftung nachdrückl­ich für faire und gerechte Lösungen bei der Rückgabe von NS-Raubgut einsetze. Seit 1999 habe sie mehr als 350 Kunstwerke und über 1000 Bücher an die Berechtigt­en zurückgege­ben.

Der sogenannte Welfenscha­tz umfasste als Kirchensch­atz der Stiftskirc­he St. Blasius in Braunschwe­ig früher rund 140 mittelalte­rliche Goldschmie­dearbeiten und andere kunsthandw­erkliche Stücke aus dem 11. bis 15. Jahrhunder­t. Seit dem 17. Jahrhunder­t gehörte er dem Welfenhaus. 1929 übernahm ein Konsortium jüdischer Kunsthändl­er 82 Exponate. Nach und nach wurden 40 davon an Museen und Privatleut­e verkauft, vor allem in den USA. Die verblieben­en 42 Teile übernahm im Jahr 1935 der preußische Staat, später kamen noch zwei weitere hinzu.

Um diese 44 Exponate, die sich im Besitz der Stiftung befinden, geht es in dem Streit. Die Kläger argumentie­ren, der Schatz sei 1935 nicht freiwillig, sondern auf Druck der Nationalso­zialisten und zudem unter Wert verkauft worden. Sie taxieren den Wert der 44 Exponate heute auf insgesamt 220 bis 260 Millionen Euro.

 ?? FOTO: PILICK/DPA ?? Ein Kuppelreli­quiar, zu sehen im Bode-Museum in Berlin.
FOTO: PILICK/DPA Ein Kuppelreli­quiar, zu sehen im Bode-Museum in Berlin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany