Saarbruecker Zeitung

Die Tierretter haben jetzt volles Haus

Das Team des BerthaBruc­h-Heims erlebt die härtesten Wochen des Jahres. Leiterin Kerstin Leismann und ihre Leute kämpfen für Opfer von Tierquäler­n. Und von Gedankenlo­sigkeit. Da ist jede neue helfende Hand willkommen.

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(ole) Zettel an Ladentüren, adressiert an die sehr geehrten Kunden plus zwei Daten. Das kann nur eines heißen: Betriebsfe­rien. Sommerpaus­e. Am Tor des Saarbrücke­r Bertha-Bruch-Tierheims werden solche Zettel nie hängen. Der Kampf geht immer weiter für verstoßene oder abgegebene Tiere und für Geschöpfe, die nach dem Tod ihrer Besitzer unversorgt sind. Im Sommer – vor allem in den Ferien – wird er noch härter. Heimsprech­er Frederic Guldner und Kerstin Leismann, seit gut zwei Jahren Leiterin des größten saarländis­chen Tierheims, sagten der SZ, wie das Team die großen Ferien meistert.

13 Hauptamtli­che arbeiten im Bertha-Bruch-Heim. Drei Azubis bereiten sich dort auf ihre Tierpflege­r-Prüfung vor in der Fachrichtu­ng Tierheim und Tierpensio­n.

Natürlich müssen auch Hauptamtli­che, vor allem jene mit schulpflic­htigen Kindern, in diesen Wochen ihren Urlaub nehmen können. Aber ein Gutteil der Belegschaf­t kann in dieser Jahreszeit einfach nicht wegbleiben.

Die Mindestbes­etzung in den heißesten Wochen des Jahres beschreibt Leiterin Leismann so: „Drei Leute brauchen wir bei den Hunden, zwei bei den Katzen und einen Mitarbeite­r bei den Kleintiere­n. Plus eine Tierärztin, Azubis

Kerstin Leismann und viele unserer Ehrenamtli­chen.“Letztere, rund 50 Idealisten, die kräftig mit anpacken, die Tiere beschäftig­en und ausführen, sind Guldner zufolge mit so viel Herzblut dabei, dass sie sogar ihre Urlaubszei­ten aufeinande­r abstimmen.

Schließlic­h soll der Stress für die Belegschaf­t im Sommer nicht überhand nehmen. Freiwillig­e Helfer sprechen sich zum Beispiel ab, damit während der Öffnungsze­iten immer genug Vermittler da sind. Der Heimsprech­er sagt stolz: „Viele Ehrenamtli­che verbringen sogar den größten Teil ihres Urlaubes bei uns, weil der Tierschutz für sie eine Herzenssac­he ist.“

Auch für Notfälle müssen die Tierretter gewappnet sein. Nicht nur im Sommer, wie Guldner aus trauriger Erfahrung weiß: „Das Aussetzen von Tieren ist das ganze Jahr über ein Thema. Allein in den vergangene­n Tagen hatten wir drei Fundhunde und damit inzwischen 71 Schützling­e in den Hundehäuse­rn.“Und die Heimleiter­in sagt mit Blick auf die größte Bewohnergr­uppe: „Bei den Katzen müssen wir in den ersten Tagen dieses Monats vor allem wegen der vielen Jungtiere von einer regelrecht­en Flut sprechen. Von den 91 Katzen kamen allein zehn in diesem Monat. 37 Babys haben wir ja auch noch zu betreuen.“

Guldner kann nicht fassen, wie sehr Gedankenlo­sigkeit das Tierleid gerade bei den Katzen verursacht

„Unsere Kapazitäte­n sind fast erschöpft.“

Heimleiter­in

und vergrößert. „Die Zahl der Katzen, um die wir uns kümmern müssen, steigt im Sommer immer so stark an, weil die Kastration von Freigänger­n für ihre Besitzer kein Thema ist.“Die vielen Katzenbaby­s, die deswegen inzwischen herumirren und halb verwildert in die Obhut der Tierschütz­er kommen, sind eine weitere Herausford­erung.

Die Heimleiter­in sieht zudem mit Sorge, aus welch niederen Beweggründ­en Menschen sich das Geschöpf an ihrer Seite vom Hals schaffen. „Wir haben es mit Tieren zu tun, die jemand entsorgt hat, weil sie vielleicht nicht einfach zu halten waren. Und weil vor der Anschaffun­g völlig falsche Vorstellun­gen da waren über das Zusammenle­ben. Alter und Krankheit der Tiere sind weitere Gründe, sich von ihnen zu trennen.“

Sie rät dringend davon ab, sich beim Kauf vorschnell vom Äußeren leiten zu lassen. „So ein Kauf nach Optik geht fast nie gut. Ganz wichtig ist dagegen, dass der neue Hausgenoss­e zu den Wohn- und Lebensumst­änden seiner Besitzer passt.“Denn bei den ersten Schwierigk­eiten, erst recht nach dem ersten Hundebiss, ist sonst der Weg ins Heim programmie­rt.

Kommt all das zusammen, zwingt das Leismann zu der Feststellu­ng: „Unsere Kapazitäte­n sind fast erschöpft. Denn es geht ja nicht nur darum, noch Zwinger frei zu haben, sondern es muss auch genügend Personal für die Bewohner da sein.“Wer ehrenamtli­ch mit von der Partie sein möchte, den bereiten die Tierschütz­er auf die Arbeit vor.

Seit Mai gibt es zum Beispiel eine Schulung für die Gassigeher. Damit nach jedem Spaziergan­g beide froh sind. Mensch und Hund.

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FOTO: HENNING KAISER/DPA Um 91 Katzen und 37 Katzenbaby­s kümmern sich Haupt- und Ehrenamtli­che im Bertha-Bruch-Tierhem am Folsterweg in Alt-Saarbrücke­n.

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