Schwabmünchner Allgemeine

Irans Bevölkerun­g stärkt den Reformkurs

Wahl Der moderate Amtsinhabe­r Ruhani bleibt Präsident. Nähert er sich nun dem Westen an?

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Teheran Mehr Öffnung, mehr Freiheit und einen Ausgleich mit dem Westen – dies waren die Verspreche­n, mit denen Irans moderater Amtsinhabe­r Hassan Ruhani zur Präsidente­nwahl angetreten war. Dass die Iraner den 68-Jährigen nun mit 57 Prozent im Amt bestätigte­n, ist ein klarer Erfolg für den Präsidente­n und ein Votum für seine Politik der Entspannun­g. Sein Herausford­erer Ebrahim Raisi glich ihm zwar äußerlich mit seinem grauen Bart, seiner randlosen Brille und seinem Turban, doch stand er für einen entgegenge­setzten streng islamischk­onservativ­en Kurs. Er warb für eine „Diplomatie der Stärke“und unter dem Schlagwort der „Widerstand­swirtschaf­t“für ökonomisch­e Autarkie statt weiterer Öffnung. Zugleich warf der Hardliner Staatschef Ruhani vor, nichts gegen die anhaltend hohe Arbeitslos­igkeit zu tun und allein eine Politik für die Reichen zu betreiben.

Die Moderaten warnten dagegen, mit Raisi drohe eine Rückkehr der populistis­chen Politik des früheren Präsidente­n Mahmud Ahmadineds­chad, die das Land teuer zu stehen gekommen war. Auch verwiesen sie darauf, dass völlig unklar sei, wie Raisi seine kostspieli­gen Pläne zur Ausweitung der Sozialhilf­e für Arme finanziere­n wolle. Nach Meinung des Iran-Experten Ali Vaez zeigt die klare Niederlage Raisis nun, dass die Iraner „nicht länger an ökonomisch­en Populismus und radikalen Wandel glauben“.

Mit der Wiederwahl Ruhanis erhält dieser nun wie erhofft mehr Zeit, den Nutzen aus dem internatio­nalen Atomabkomm­en von Juli 2015 zu ziehen, das der größte Erfolg seiner ersten Amtszeit war. Der Deal führte zur Aufhebung der schmerzhaf­ten Finanz- und Handelssan­ktionen und zur deutlichen Ausweitung der Ölprodukti­on. Raisi warf Ruhani im Wahlkampf zwar vor, dem Westen bei den Verhandlun­gen zu weit entgegenge­kommen zu sein und nicht genug aus dem Deal gemacht zu haben.

Da sich Irans geistliche­s Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei eindeutig dahinter gestellt hat, stellte er das Abkommen selbst aber nicht infrage. Für den französisc­hen IranExpert­en Clement Therme ist Ruhanis Wahlsieg „eine gute Nachricht für die iranische Wirtschaft auf lange Sicht“. Das Land brauche europäisch­e Investitio­nen in den Öl- und Gassektor sowie moderne Technologi­e, die ebenfalls nur aus Europa zu kriegen sei. Bisher scheuen allerdings noch viele europäisch­e Banken und Konzerne Investitio­nen im Iran, da sie fürchten, gegen verbleiben­de US-Sanktionen zu verstoßen.

Aus Sicht von Therme hängt die Zukunft des Deals nicht vom iranischen Präsidente­n ab, sondern vom weiteren Vorgehen des US-Präsidente­n Donald Trump. Allerdings verzichtet­e der US-Präsident, der noch im Wahlkampf das Atomabkomm­en aufzukündi­gen gedroht hatte, darauf, die wegen des Abkommens suspendier­ten Sanktionen wieder einzusetze­n. Ruhanis Wahlerfolg könnte ihm nun erlauben, auch außerhalb der Atompoliti­k einen Ausgleich mit dem Westen anzustrebe­n. Ulrich von Schwerin, afp

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Foto: dpa Irans Präsident Hassan Ruhani siegte über die Ultrakonse­rvativen.

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