Muss die Stadt mehr Bürgerbegehren zulassen?
Demokratie Jetzt hat es die Verwaltung schriftlich vom Gericht: Die Verhinderung des ersten Bürgerentscheids zur Stadtwerkefusion vor zwei Jahren war rechtswidrig. Die Initiatoren wollen eine Entschuldigung vom Oberbürgermeister
Jetzt hat es die Stadt schwarz auf weiß: Die Ablehnung der ersten Fragestellung zum Stadtwerkefusions-Bürgerbegehren vor gut zwei Jahren war rechtswidrig. Nach einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof in München im Januar hatte sich eine solche Entscheidung abgezeichnet. Nun liegt das Urteil vor.
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens rund um Attac-Aktivist Bruno Marcon griffen am Mittwoch Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) scharf an. Seine frühzeitig geäußerte Einschätzung, dass die Fragestellung rechtlich unzulässig sein dürfte, sei ein „unzulässiger manipulativer Eingriff in ein laufendes Bürgerbegehren“gewesen. Gribl müsse sich überlegen, ob die Stadtverwaltung künftig noch mit „juristischen Finten“Bürgerbeteiligung verhindern wolle. Man verlange eine öffentliche Entschuldigung Gribls und des Stadtrates.
Was die geplante Fusion von Stadtwerke-Energiesparte und Erdgas Schwaben betrifft, hat das Urteil keine Auswirkungen, weil die Initiatoren vor zwei Jahren rasch eine zweite, rechtlich nicht beanstandete Fragestellung vorlegten und die nötigen 10 000 Unterschriften zusammenbekamen. Die Bürger stimmten in einem Bürgerentscheid im Sommer vor zwei Jahren dann gegen die von der Stadt gewünschte Fusion.
Doch politisch hat das Urteil sehr wohl Bedeutung. Es sagt aus, dass der Stadtrat den Bürgern auf Empfehlung der Verwaltung vor zwei Jahren die Abstimmung über die Fusionsfrage zu Unrecht verwehrt hat. Die Stadt hatte vor allem die Begründung des Begehrens kritisiert, in der auch die Trinkwassersparte der Stadtwerke erwähnt wurde, die erklärtermaßen nicht von einer Fusion betroffen gewesen wäre. Gribl sprach damals sichtlich verärgert von einer „Irreführung“der Bürger. Der Verwaltungsgerichtshof kam aber zu einem anderen Ergebnis: Die sieben Sätze der Begründung seien rechtlich nicht zu beanstanden. Das Augsburger Verwaltungsgericht hatte in erster Instanz noch der Stadt Recht gegeben.
Marcon und seine Mitstreiter sehen die obergerichtliche Entscheidung als Grundsatzurteil, das auch Bürgerinitiativen in anderen Städten den Weg ebnen werde. „Der Raum für Verwaltungen zur Verhinderung eines Bürgerentscheids wird nun äußerst schmal“, so Marcon. Die Stadt äußert sich zurückhaltend: „Das Urteil gibt uns Orientierung, wie wir in Zukunft mit Fragestellungen zu Bürgerbegehren umgehen werden. Wir sehen uns die vorlie- gende Urteilsbegründung näher an und setzen uns damit auseinander, damit wir in Zukunft möglichst fehlerfrei agieren können“, so Gribl. Auf die Forderung nach einer Entschuldigung ging er nicht ein.
In der Vergangenheit waren andere Bürgerbegehren, konkret zur Maxstraßensanierung und zum Bahnhofstunnel, aus rechtlichen Gründen abgelehnt worden. Das gleiche Schicksal hätte auch dem Bürgerbegehren zur Theatersanierung geblüht, wenn es nicht schon an der zu niedrigen Unterschriftenzahl gescheitert wäre. Allerdings muss man einschränken, dass die Begehren aus unterschiedlichen Gründen als rechtlich unzulässig eingestuft wurden. Unzulässig sind Begehren laut Gemeindeordnung unter anderem, wenn sie den Etat einer Kommune direkt betreffen oder Fragestellungen vermischen.
Die Grünen forderten nach dem Theaterbegehren im Herbst, dass bayernweit eine unabhängige Stelle eingerichtet werden soll, die Fragestellungen frühzeitig auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. Einstweilen hat die Fraktion den Vorstoß im Ältestenrat des Stadtrats gemacht, dass die Stadtjuristen frühzeitig noch vor Abgabe der Unterschriften anbieten, eine verbindliche Prüfung vorzunehmen. Die Stadt sieht dies aus rechtlichen Gründen skeptisch, die Grünen verweisen hingegen auf andere Kommunen. Entschieden ist über das Thema noch nicht.
Rechtlich wäre es mit dem Urteil übrigens möglich, den Bürgerentscheid mit der ersten Fragestellung doch noch zur Abstimmung bei den Bürgern zu stellen. Auf Verständnis in der Bürgerschaft dürfte dies aber kaum stoßen, zumal die Durchführung einer Bürgerabstimmung mehr
Zwei Jahre, nachdem der Oberbürgermeister und das Regierungsbündnis von den Bürgern bei der Stadtwerke-Fusion eine vor den Latz geknallt bekamen, beschert das Thema den Regierenden – allen voran OB Gribl – die fast noch größere Peinlichkeit. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass der Wunsch von 15 000 Bürgern, über die erste Fusionsfrage abzustimmen, rechtswidrig abgebügelt wurde. Gribl muss fast froh sein, dass die Initiatoren noch ein zweites Begehren nachschoben – ansonsten als 250000 Euro kostet. Man halte sich diese Möglichkeit aber noch offen, so Marcon. Wenn die Stadt erkläre, keine Privatisierung der Daseinsvorsorge zu beabsichtigen, sei ein Entscheid erledigt. Gribl erklärte gestern via Pressemitteilung, dass eine Fusion nach wie vor vom Tisch sei. „Es gibt keinerlei Überlegungen oder Planungen, dass etwas privatisiert wird.“