Schwabmünchner Allgemeine

Wenn das Studium nicht passt

Hochschule Das Bildungsmi­nisterium ließ die Gründe der Abbrecher erforschen

- VON ORLA FINEGAN

Berlin Fast jeder dritte Student bricht sein erstes Studium ab. Die meisten von ihnen entscheide­n sich zwischen dem dritten und vierten Semester dazu. Und während das Bundesmini­sterium für Bildung und Forschung jahrelang nur wusste, wie viele die Studienwah­l bereut haben, konnte es nur ahnen, was die Gründe dafür waren. Gestern stellte Bildungsmi­nisterin Johanna Wanka zusammen mit Mitarbeite­rn des Deutschen Zentrums für Hochschulu­nd Wissenscha­ftsforschu­ng und der Stiftung Mercator die Ergebnisse einer Studie über Studienabb­ruch vor.

Grundsätzl­ich ist die Zahl der Abbrecher seit 2006 stabil geblieben: Statt 28 Prozent brachen nun 29 Prozent der Studienanf­änger ihren Bachelor ab. Für Wanka ist aber auch das noch zu viel. Jeder Studienabb­ruch bedeute einen unnötigen Umweg in den späteren Beruf. Die Studie hat nun gezeigt, dass viele Studenten sich den Misserfolg sparen könnten, wären sie nur besser beraten worden. Denn fast zwei Drittel der Abbrecher entscheide­n sich letztendli­ch aus den gleichen drei Gründen gegen ihr Fach: Sie fühlen sich überforder­t, können sich nicht für das Fach begeistern oder möchten eigentlich lieber praktisch arbeiten, anstatt in der Bibliothek Bücher zu wälzen.

Eine individuel­le Beratung, sagte Wanka, könnte den Schülern vor der Studienwah­l helfen, sich zu orientiere­n. Denn bei manchen Schülern zeichne sich schon an schlechten Noten ab, dass sie beispielsw­eise ein Elektrotec­hnik-Studium nicht schaffen werden. Entscheide­n sie sich gleich für eine Lehre in einem Betrieb, können sie ihren Interessen nachgehen, ohne zu scheitern. Und studieren können sie nach der Ausbildung immer noch, betonte die Ministerin. Die für die Studie untersucht­en Abbrecher hielten es genau andersheru­m: Fast die Hälfte von ihnen begann im Anschluss eine Ausbildung.

Bei den Studenten ohne Migrations­hintergrun­d spielt zu wenig Geld als Grund für den Studienabb­ruch eine kleinere Rolle als noch 2008. Von 19 Prozent hat sich der Wert der Abbrecher, die unter Geldnot leiden, auf elf Prozent reduziert.

Studenten mit Migrations­hintergrun­d scheitern wesentlich öfter an der Finanzieru­ng ihrer Ausbildung. Sie geben zwar die gleichen Gründe an wie die Studenten ohne Migrations­hintergrun­d – Leistungsp­robleme, mangelnde Motivation, Wunsch nach praktische­r Arbeit –, aber für 45 Prozent von ihnen sind die hohen Kosten eines Studiums ebenfalls Teil des Problems. Doch gerade für Mercator-Geschäftsf­ührer Wolfgang Rohe geht Integratio­n über höhere Bildungsab­schlüsse. Die Studenten mit Migrations­hintergrun­d müssten besser informiert werden. Nicht nur über die Anforderun­gen, sondern auch über Finanzieru­ngsmöglich­keiten.

„Präventiv und individuel­l“müsse auf die Abbrecher eingegange­n werden, da sind sich alle einig. Um die Gruppe der Abbrecher noch besser zu erforschen, gibt es 20 neue Forschungs­projekte. Bund und Länder stellen in diesem Jahr 4,5 Milliarden Euro für den Hochschulp­akt bereit – zehn Prozent der Mittel sollen darauf verwendet werden, dass in Zukunft weniger Studenten abbrechen.

„Manchmal ist es klug, sich frühzeitig zu entscheide­n: Es ist nicht der richtige Weg“, sagte Wanka und hofft, dass in Zukunft mehr Studienanf­änger die Weitsicht besitzen.

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