Schwabmünchner Allgemeine

Party und Einsamkeit

Norderney ist eine Insel der Gegensätze

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Mit geschlosse­nen Augen liegt das Pärchen in der Sonne und atmet die heilsame Meeresluft ein. Für wenige Minuten haben Gina und Arnd Oltmanns die Thalasso-Aussichtsp­lattform am Zuckerpad auf Norderney für sich allein. Dann schaltet das Leben einen Gang weiter, ein kleiner Junge tollt oberhalb ihrer Köpfe herum, fünf Damen starten ihren Klönsnack eine Ebene tiefer. Thalasso, Gesundheit aus und mit dem Meer: Auf Norderney lässt sie sich auf verschiede­nsten Wegen erleben. Drei imposante Aussichtsp­lattformen sind in die Dünen hineingeba­ut. Selten ist Entspannun­g so gesund wie hier. Das 2005 eröffnete Badehaus ist Deutschlan­ds größtes Thalassoha­us. Meerwasser in unzähligen Varianten. Schlickpee­ling und weitere Kurmittel-Anwendunge­n. Nordsee-Waschstraß­e und Brandungsb­ecken auf der Familieneb­ene. Bis 2020 will Norderney Europas Thalasso-Insel Nummer eins werden. Und doch bleibt die maritime Heilkunde nur ein Aspekt dieser Insel der Gegensätze. „Bis in die Nacht feiern oder ganz allein am Strand stehen – hier kann man alles haben“, sagt Sylvia Hippchen, die seit zwölf Jahren mindestens einen Urlaub jährlich auf der Insel verbringt. Oder wie es Herbert Visser, ehemaliger Marketingl­eiter der Staatsbad Norderney GmbH, ausdrückt: „Elk sien möög: Jeder nach seiner Facon.“Nicht umsonst lautet der Slogan des Eilands „Norderney. Meine Insel.“1797 wurde die Insel das erste deutsche Nordseehei­lbad. Das Hannoversc­he Königshaus hatte hier seine Sommerresi­denz. Sichtbares Zeichen dieser glorreiche­n Vergangenh­eit: das imposante, strahlend weiße Conversati­onshaus am Kurplatz. Unbedingt einen Besuch wert: die Bibliothek mit meterhohen Bücherrega­len und Kronleucht­ern. Lesefutter gibt es mit der Norderney-Card gegen ein geringes Entgelt.

West oder Ost?

Der Trubel konzentrie­rt sich auf den Westen der Insel. Wer mag, bummelt durch die vielen kleinen Straßen oder schaut den anderen zu, während er Sekt im „Inselhotel König“schlürft. PartyHighl­ights wie das „White Sands Festival“ der Surfer und Beachvolle­yballer oder das Open-Air-Musik-Event „Summertime“ziehen Feierwilli­ge auf die Insel. Wer es ruhiger haben will, erkundet Norderney auf der entgegenge­setzten Seite – Richtung Ostende. 80 Kilometer Wanderwege ziehen sich über die Insel, ein Paradies für Jogger und Radfahrer. Vorbei an knorrigen, windgegerb­ten Birken, lockt am Horizont Norderneys Leuchtturm als Richtmarke – die meisten Wege führen an ihm entlang. Am Parkplatz Ostheller ist für Radfahrer Schluss. An die Ostspitze kommt man nur zu Fuß. Für den Hinweg fällt die Wahl auf die Strandvari­ante. Endlose, sandige Weite. Muscheln knirschen unter den Schuhen. Allein mit Wind, Wellen und dem Meeresraus­chen. Die Hektik der Stadt ganz weit weg. Der Rückweg schlängelt sich durch die gleichförm­ige Dünenlands­chaft. Anderthalb Stunden zwischen grasbewach­senen Hügeln, über schmale Bäche, um kleine Tümpel herum. Vogelgezwi­tscher erfüllt die Luft. Immer wieder sinken die Schuhe im sumpfigen Boden ein. tmn

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