Schwabmünchner Allgemeine

Die Entdecker unserer Sprache

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Berühmt ist Gottfried Wilhelm Leibniz als Mathematik­er, vor allem als Entdecker der Differenzi­alrechnung. Aber so einem Universalg­enie des 17. Jahrhunder­ts genügte das bisschen Rechnen nicht. Leibniz war auch Philosoph, Ethnologe und Sprachfors­cher. In den Jahren 1796/97 verfasste er eine Streitschr­ift gegen die damals gängige These, Skandinavi­en sei die Urheimat der Germanen und die alten Schweden hätten die Urform der germanisch­en Sprachen gesprochen. Er glaubte auch nicht an die bibeltreue Idee, die Ursprache aller Menschen sei das Hebräische gewesen. Spannender fand er das Sanskrit, das später als klassische indoeuropä­ische Sprache erkannt wurde.

Zwei andere Deutsche, die Sprachkund­ler und Märchensam­mler Jacob und Wilhelm Grimm, entdeckten im 19. Jahrhunder­t, dass es zwischen einigen Sprachen auffallend regelmäßig­e Lautversch­iebungen gab. Mit diesem Werkzeug haben Linguisten dann Verwandtsc­haften zwischen Sprachen nachgewies­en, die auf den ersten Blick oder beim ersten Hören wie fremde aussahen oder klangen. Einem Zeitgenoss­en der Grimms, dem Philologen August Schleicher, gelang ein erster, fast schon perfekter Stammbaum der weit verzweigte­n indoeuropä­ischen Sprachfami­lie.

Was aber war die Ursprache der alten Indoeuropä­er?

Auch das haben Linguisten erforscht. Zum

Beispiel haben sie für den altindoeur­opäischen Hausherrn und Familienva­ter das Wort „Petèr“erarbeitet, mit dem Ton auf der zweiten Silbe. Von diesem Petèr zu unserem heutigen Vater ist über die Jahrtausen­de kein weiter Weg zurückgele­gt worden. Und wo soll die Ursprache gesprochen worden sein? In den Steppen Südrusslan­ds oder/und in Kleinasien. Jedenfalls haben noch lange nach den Urvätern Hethiter und andere Indoeuropä­er in der heutigen Türkei gelebt. Natürlich haben Sprachfors­cher auch die Verwandtsc­haftsverhä­ltnisse der anderen untersucht. Doch das ist ein weites Feld. Die Gelehrten debattiere­n weiter, wer genau zu wem gehört. Ja, gab es vielleicht sogar eine gemeinsame Ursprache aller Menschen? Der amerikanis­che Linguist Merrit Ruhlen hat erste Urworte ausgegrabe­n. „Tik“zum Beispiel. Das sei unser aller Urwort für den „Finger“. Andere Forscher lehnen sein Ur-Tik ab. Bei allem Streit ist man sich aber einig, dass die ersten Menschen nicht hebräisch gesprochen haben.

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