Schwabmünchner Allgemeine

Ärzte wollen Kontrolle für Gesundheit­s Apps

Medizin Experten warnen vor „Wildwuchs“. Was der Verbrauche­r beachten sollte

- VON MARKUS BÄR

Augsburg Der eine lässt die Anzahl seiner Schritte pro Tag vom Smartphone zählen, der andere seine Blutdruckm­essergebni­sse dokumentie­ren, die nächste berechnet mit dem Smartphone ihre fruchtbare­n Tage: Mehr als 100 000 Gesundheit­s-Apps können inzwischen auf das Smart- oder iPhone geladen werden. Das sieht die Bundesärzt­ekammer aber kritisch – und fordert, dass Apps mit einem staatliche­n Zertifikat versehen werden. Damit der Verbrauche­r gute von schlechten Produkten unterschei­den kann. Doch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe (CDU) winkt ab: Über 100000 Apps „zu prüfen und behördlich zu genehmigen, wäre nicht machbar“.

Der Präsident der Bayerische­n Landesärzt­ekammer, Dr. Max Kaplan (Pfaffenhau­sen im Unterallgä­u), hat darum gegenüber unserer Zeitung eine Aufteilung des Marktes vorgeschla­gen. Apps, die lediglich messen – Anzahl der zugeführte­n und verbraucht­en Kalorien, Zahl der Schritte, Puls oder Blutdruck etwa –, müssten nicht zertifizie­rt werden. Kritisch werde es hingegen dann, wenn Apps konkrete therapeuti­sche Hinweise geben. Beispiel: Der Verbrauche­r gibt seinen aktuellen Blutzucker­wert in die App ein – und diese schlägt vor, wie viel Insulin der Zuckerkran­ke sich spritzen sollte. Ist diese App von Medizinern mitentwick­elt worden, spreche nichts dagegen. Doch das sei ja nicht gewährleis­tet. Viele Apps würden von Programmie­rern auf den Markt gebracht, die keinem Gesundheit­sberuf angehören.

Kaplan verweist in diesem Zusammenha­ng auf rechtliche Probleme: Therapiere­n und Heilen ist in Deutschlan­d ein gesetzlich geschützte­r Vorgang. Er ist bestimmten Berufsgrup­pen vorbehalte­n, je nach Therapie Ärzten oder beispielsw­eise Heilprakti­kern. Ist eine App also „heilend“tätig, kann das gegen rechtliche Vorgaben verstoßen. Auch darum sollten Apps, die therapeuti­sche Hinweise geben, zertifizie­rt werden.

Auch Erhard Hackler, geschäftsf­ührender Vorstand des Bundesverb­andes für Gesundheit­sinformati­on und Verbrauche­rschutz in Bonn, sieht das Thema Gesundheit­s-Apps kritisch. Da gebe es „viel Wildwuchs“, zumal zahlreiche Anbieter der Programme in erster Linie wirtschaft­liche Interessen im Sinn hätten. Der Verbrauche­r müsse immer im Hinterkopf haben, wer hinter einer App stecke.

„Eine App ersetzt keinen Arztbesuch“, ergänzt Dr. Kai Behrens, Sprecher des AOK-Bundesverb­andes. Wichtig sei schon allein, dass der Verbrauche­r feststelle­n kann, wer eine App herausgibt. Das sei gar nicht immer erkennbar. Nichtsdest­otrotz gebe es natürlich – sofern die Anbieter seriös sind – sinnvolle Apps. Die AOK hat schließlic­h selbst allein 30-Gesundheit­s-Apps auf den Markt gebracht – etwa einen „Fettfallen­finder“oder ein Programm, das dabei hilft, einen passenden Arzt zu finden.

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