Wie der Islamverband Ditib Empörung auslöst
Islamismus Mit einer Großdemonstration gegen Terror und Gewalt wollen Muslime ein Zeichen gegen den Missbrauch ihrer Religion setzen. Doch ausgerechnet der größte Verband in Deutschland schert aus und stößt die Organisatoren vor den Kopf
Köln/Augsburg Der türkisch-islamische Verband Ditib weigert sich, an einer an diesem Samstag geplanten Demonstration in Köln gegen Terror und Gewalt teilzunehmen. Er stößt damit weitgehend auf Unverständnis. Das sei „einfach schade“ließ Kanzlerin Angela Merkel über ihren Sprecher ausrichten. Die Ditib untersteht der türkischen Religionsbehörde in Ankara. Kritiker werfen dem Dachverband vor, Sprachrohr von Präsident Recep Tayyip Erdogan zu sein. Nach eigenen Angaben vertritt Ditib rund 70 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime.
Rund 10 000 Menschen werden zu der Kundgebung unter dem Motto „Nicht mit uns“erwartet. Dutzende Gruppierungen unterstützen die Aktion, darunter Parteien, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und kirchliche Gruppen. Die Muslime wollen damit ein lange eingefordertes Zeichen gegen islamistische Gewalt setzen. Organisatoren sind die syrisch-stämmige Publizistin Lamya Kaddor, 39, und der im Libanon geborene deutsche Muslim Tarek Mohamad, 34.
Sie nehmen den Konzertveranstalter Marek Lieberberg beim Wort, der nach dem Terroralarm beim Festival „Rock am Ring“kürzlich geschimpft hatte: „Ich hab bisher noch keine Moslems gesehen, die zu Zehntausenden auf die Straße gegangen sind und gesagt haben: Was macht ihr da eigentlich?“
Tarek Mohamad sagte zu den Motiven der Veranstalter: „Wir möchten erreichen, dass Muslime Hand in Hand mit der Bevölkerung in Deutschland ein ganz klares Signal setzen.“Wichtig sei ihnen, ein Zeichen an die Menschen zu setzen, „die uns das Leben zur Hölle ma- chen wollen: AfD, Pegida, rechte Organisationen, Salafisten, Terroristen, der IS – die sind alle miteingeschlossen. Wir sind für diese Ideologien nicht zu haben.“
Ditib steht für Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion und ist der Dachverband der rund 900 türkisch-islamischen Vereine in Deutschland. Er wurde 1984 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Köln. Ein Ditib-Sprecher begründete die Absage unter anderem damit, dass es fastenden Muslimen während des Ramadan nicht zumutbar sei, „stundenlang in der prallen Mittagssonne bei 25 Grad zu marschieren und demonstrieren“. Generell stellte der Verband fest: „Forderungen nach ,muslimischen‘ Anti-TerrorDemos greifen zu kurz, stigmatisieren die Muslime und verengen den internationalen Terrorismus auf sie, ihre Gemeinden und Moscheen.“
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, sagte, die Ditib drohe nun vollends, ihre Glaubwürdigkeit zu verspielen.
Baden-Württembergs CDU-Justizminister Guido Wolf sprach sich dafür aus, die Zusammenarbeit mit dem Ditib zu beenden. „Die bedingungslose Ächtung von Terrorismus ist ein Grundkonsens in unserer Gesellschaft. Wer hieran nur den geringsten Zweifel aufkommen lässt, stellt sich politisch und gesellschaftlich ins Abseits“, sagte Wolf. „Die Antwort darauf kann nur sein, jede Zusammenarbeit mit Ditib, auch hier in Stuttgart, zu beenden.“Nicht nur der grüne Sozialminister Manne Lucha ist dagegen, auch CDU-Kultusministerin Susanne Eisenmann will die Türen für den Dialog mit Ditib offen halten.
AZ)