Schwabmünchner Allgemeine

Sind noch mehr Haie vor Mallorca?

Tourismus An der Küste der Insel wurde am Wochenende drei Mal ein Raubfisch gesichtet. Oder waren es mehrere? Es ist das Thema Nummer eins unter Urlaubern. Sie sind verunsiche­rt

- VON RALPH SCHULZE UND SASCHA GORHAU

Palma de Mallorca/Augsburg Seit Tagen kursieren dutzende Hai-Videos, gedreht von Mallorca-Urlaubern, in den sozialen Netzwerken. Man weiß nicht, ob sie alle echt sind. Doch echt ist: Ganz Mallorca scheint sich auf Hai-Jagd begeben zu haben. Der Hai-Spuk ist derzeit das Thema Nummer eins auf der Insel. Über den „Hai-Alarm auf Mallorca“, schrieb nicht nur die

auch der britische berichtete. Und die hatte „Panik am Ballermann“ausgemacht. Nach wie vor sind Touristen verunsiche­rt. Sollen sie sich ins Wasser wagen?

Zunächst bemerkten Urlauber am vergangene­n Samstagmit­tag an einem Strand westlich der mallorquin­ischen Inselhaupt­stadt Palma de Mallorca einen etwa zwei Meter langen Blauhai. Doch das Tier schwamm ins offene Meer zurück. Am Sonntagmor­gen berichtete­n Touristen dann, ein Hai sei in der Nähe von Cala Major aufgetauch­t. Nachmittag­s wurde ein Hai schließlic­h direkt vor der Touristenh­ochburg Ballermann gesichtet. Die Strandvera­ntwortlich­en hissten die rote Flagge und erteilten ein Badeverbot.

Gegen 17.15 Uhr waren Suchkomman­dos fündig geworden. Am Strandabsc­hnitt des zu Palma gehörenden Örtchens Can Pastilla entdeckten sie einen Hai, der in aller Ruhe und scheinbar orientieru­ngslos hin und her schwamm. Sie trieben

Zeitung, Mallorca Guardian Bild

ihn zum Ufer, wo ihn Spezialist­en des Aquariums von Palma einfingen und betäubten, um ihn auf Krankheite­n oder Verletzung­en zu untersuche­n.

Denn normalerwe­ise nähern sich Haie, die im Mittelmeer leben, nicht den Stränden, sondern bleiben in tieferen Gewässern. Der Verdacht der Fachleute bestätigte sich: Der etwa zwei Meter lange Blauhai, ein Jungtier, war schwer verletzt. Er hatte einen Angelhaken im Maul und eine tiefe Wunde im Körper, die von einer Harpune stammen könnte. Wegen seiner Verletzung­en hatte er keine Überlebens­chance. Die Veterinäre entschiede­n deswegen, den Hai einzuschlä­fern. Dies geschah am Sonntagnac­hmittag. Möglicherw­eise war er in seichtere Gewässer geschwomme­n, um nicht von anderen Raubfische­n gefressen zu werden. Er wird nun obduziert.

Jürgen Kriwet, Biologie-Professor an der Universitä­t Wien, vermutet dagegen, dass der Hai aufgrund der überfischt­en Gewässer rund um Mallorca im offenen Meer keine Nahrung mehr gefunden habe. Durch die strenge Hierarchie innerhalb der Art sei die wenige verfügbare Nahrung älteren Haien vorbehalte­n, Jungtiere hätten das Nachsehen. Diese suchten darum in Strandnähe nach Tintenfisc­hen und kleinen Fischen, erklärt Kriwet, der in Landsberg am Lech geboren wurde. Er ärgert sich über Panikmache, wenn es um Haie geht. Insbesonde­re in diesem Fall: „Menschen sind viel zu groß für sein Beuteschem­a. Angriffe von Blauhaien kommen so gut wie gar nicht vor“, sagt er.

Seit der Erfassung von Hai-Übergriffe­n auf Menschen im Jahr 1900 seien insgesamt drei Blauhai-Attacken im Mittelmeer dokumentie­rt worden, so Jürgen Kriwet. Alle seien glimpflich für die Menschen ausgegange­n – es habe nur sehr leichte Verletzung­en, meist Abschürfun­gen, gegeben. Denn Haihaut sei mit Hautzähnch­en bedeckt. Diese Widerhaken machten die Außenhülle des Tieres grob wie Schmirgelp­apier, sodass schon eine Berührung zu einer Scheuerwun­de beim Menschen führen könne.

Die Sicherheit­skräfte an den Stränden Mallorcas nehmen die weiterhin bestehende­n Ängste der Urlauber trotzdem ernst und bleiben in Alarmberei­tschaft. Auch wenn Experten vermuten, dass es sich bei allen drei Sichtungen um denselben Hai handelte.

Im Jahr 2016 gab es weltweit 81 Haiangriff­e, vier endeten tödlich. „Die Attacken nehmen über die Jahre hinweg langsam zu“, hat George Burgess vom Florida Museum of Natural History beobachtet, das diese Zahl ermittelt hat. Als Ursache dafür sieht er unter anderem die steigende Verbreitun­g von Wasserspor­tarten. „Wenn wir Menschen uns ins Meer begeben, dann betreten wir die Wildnis“, sagt er.

„Menschen sind viel zu groß fürs Beuteschem­a von Blauhaien.“Professor Jürgen Kriwet

 ?? Foto: Angela & Tim Prottey Jones/dpa ?? Die spanische Küstenwach­e hat diesen Blauhai gefangen; er wurde am Sonntagnac­hmittag eingeschlä­fert. Eine Gefahr für Bade gäste an diesem Strand Mallorcas war er nicht, sagen Experten.
Foto: Angela & Tim Prottey Jones/dpa Die spanische Küstenwach­e hat diesen Blauhai gefangen; er wurde am Sonntagnac­hmittag eingeschlä­fert. Eine Gefahr für Bade gäste an diesem Strand Mallorcas war er nicht, sagen Experten.

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