Dürfen Lehrer Schülern „followen“?
Medien Das Miteinander in sozialen Netzwerken ist streng geregelt. Doch klappt das in der Praxis?
Augsburg Die Zeiten, als junge Menschen in sozialen Netzwerken unter sich waren, sind vorbei. Längst haben auch Eltern und Großeltern Facebook und Co. für sich entdeckt. Diese Entwicklung bringt es mit sich, dass Schüler im Internet nicht nur das Profil des Banknachbarn, sondern auch das des Lehrers finden. Doch das digitale Miteinander zwischen Schüler und Lehrer ist nicht so einfach. Immerhin werden die einen von den anderen benotet. Deshalb hat das Bayerische Kultusministerium für Staatsbedienstete einen Leitfaden zum Umgang mit sozialen Medien erstellt.
Der stuft die Kontaktaufnahme in beide Richtungen, also sowohl von Schüler zu Lehrer als auch andersherum, als unzulässig ein. Freundschaftsanfragen verschicken oder Follower sein ist also nicht erlaubt. „Lehrkräfte sollten selbstverständlich nicht ‘Anhänger’ ihrer Schülerinnen und Schüler sein, die sie zu erziehen und zu bewerten haben“, heißt es im Leitfaden. Durch das Abhängigkeitsverhältnis könnten Schüler Anfragen ihres Lehrers praktisch nicht ablehnen. Doch auch Lehrer sollten Freundschaftsangebote von Schülern ablehnen, so die Richtlinie des Kultusministeriums.
Doch wird das in der Praxis so umgesetzt? „Ich verstehe die Regelung“, sagt Christian Hörtrich, Schulleiter des Maria-Ward-Gymnasiums in Günzburg. „Ansonsten entstehen Diskussionen, warum ein Lehrer mit dem einen Schüler befreundet ist und mit dem anderen nicht.“Hörtrich ist deshalb nicht mit aktuellen, sondern nur mit ehemaligen Schülern digital verbunden. „Doch ich kann mir nicht vorstellen, dass sich in der heutigen Zeit jeder daran hält.“
Peter Schwertschlager, Schulleiter des Gymnasiums bei Sankt Anna in Augsburg, sieht die strengen Ministeriums-Vorgaben für das digitale Miteinander kritisch. „Das Ziel sollte nicht sein, dass sich Lehrer und Schüler strikt meiden müssen, sondern dass sie verantwortungsvoll mit den neuen Medien umgehen.“In seinem Fall heißt das: Er selbst verschickt keine Freundschaftsanfragen an Schüler. Die Anfragen, die von Schülern an ihn kommen, nimmt er an. Für sie hat er auf Facebook eine eigene Freundesliste. Doch der Schulleiter bleibt bezüglich der Schüler passiver Nutzer. „Ich kommentiere oder like nichts.“Dafür verschafft er sich einen Eindruck, was im Netz vor sich geht. „Lehrer sollten Ahnung davon haben, wie die Lebenswirklichkeit der Kinder aussieht“, sagt Schwertschlager. Dazu gehöre das Wissen, was in sozialen Netzwerken derzeit angesagt ist, worüber diskutiert wird. „Ansonsten können Lehrer nicht authentisch mitreden.“Und auch, wenn Schüler und Lehrer zum Beispiel digitale Geburtstagsgrüße austauschen, sehe er noch keinen Grund, einzuschreiten.
Einig sind sich Hörtrich und Schwertschlager in einem Punkt: geschlossene Gruppen, zum Beispiel bei WhatsApp. Hier kann unter den Schülern kein Neid über bestimmte Verbindungen zum Lehrer aufkommen, da etwa alle Teilnehmer eines Kurses in der Gruppe vertreten sind. „Das ist eine sehr praktische Lösung, um in Kontakt zu bleiben“, sagt Schwertschlager. Er hat die Erfahrung gemacht, dass andere Kommunikationskanäle, etwa per Mail, von Jugendlichen kaum wahrgenommen werden. „Auf das Handy schaut aber jeder.“
Auch Hörtrich stellt fest: „Solche Gruppen vereinfachen die Organisation mit Schülern.“So ließen sich schnell Termine oder Treffen besprechen. Beide Schulleiter weisen jedoch darauf hin: Eine solche Gruppe lässt sich nur mit älteren Schülern realisieren.