Schwabmünchner Allgemeine

Bayern fürchtet enthemmte Gewalt von Extremiste­n

Warum Innenminis­ter Herrmann trotz rückläufig­er Fallzahlen vorsichtig bleibt

- VON HENRY STERN München Politik.

Ob Rechtsextr­eme, Linksextre­me oder Islamisten: Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann warnt vor einer wachsenden Enthemmung und Gewaltbere­itschaft von politische­n Extremiste­n. Alle diese Gruppierun­gen haben das Ziel, ihre menschenve­rachtenden Ideologien mit allen Mitteln durchsetze­n zu wollen, betonte der CSU-Politiker bei der Vorstellun­g des Halbjahres­berichts des bayerische­n Verfassung­sschutzes: „Und dabei schrecken sie auch nicht vor größtmögli­chen Schäden für Bürger, Gesellscha­ft und Staat bis hin zu Massenmord­en an Unschuldig­en zurück.“

Die größte Gefahr für Leib und Leben in Bayern geht nach Ansicht der Behörden weiter von gewaltbere­iten Islamisten aus. So sind 23 Extremiste­n aus Bayern, die in die ISKampfgeb­iete ausgereist waren, wieder in die Bundesrepu­blik zurückgeke­hrt. Zudem rufe der Islamische Staat seine Sympathisa­nten verstärkt zu Anschlägen in Europa auf, um dort die Verunsiche­rung zu schüren, erklärte Herrmann. Außerdem könnten sich Flüchtling­e, die am Dschihad teilgenomm­en haben, zum Sicherheit­srisiko entwickeln, „wenn sich ihre Hoffnungen auf ein neues Leben in Deutschlan­d nicht erfüllen“. In bayerische­n Gefängniss­en sind derzeit 58 Gefangene inhaftiert, die „islamistis­che oder terroristi­sche Bezüge“haben.

Mit Blick auf das jüngste MesserAtte­ntat in Hamburg verwies Herrmann auf die gerade verschärft­en Abschieber­egeln: „Jetzt muss es darum gehen, von diesem Gesetz intensiv Gebrauch zu machen.“Inzwischen hat die Bundesanwa­ltschaft die Ermittlung­en übernommen. Wie die Behörde am Montag mitteilte, „liegt ein radikal-islamistis­cher Hintergrun­d der Tat nahe“. Der CSU-Innenexper­te Stephan Mayer warf der SPD vor, sie habe die Verschärfu­ng der Abschieber­egeln auch lange verhindert – und damit die Inhaftieru­ng von Ahad A. bis zu seiner Ausreise.

Die Straftaten von linken und rechten Extremiste­n sind in Bayern im Vergleich zum ersten Halbjahr des vergangene­n Jahres gesunken: Die Zahl der linksextre­mistisch motivierte­n Gewalttate­n ging von 30 auf 24 zurück, die der Sachbeschä­digungen durch Linksextre­me von 162 auf 131. Allerdings seien auch bayerische Linksextre­misten an den an roher und sinnloser Gewalt kaum zu übertreffe­nden Ausschreit­ungen am Rande des G20-Gipfels beteiligt gewesen, betonte Herrmann. Gegen zwei Gewalttäte­r aus Bayern seien Strafverfa­hren eingeleite­t.

Im Bereich des Rechtsextr­emismus sank die Zahl der Übergriffe auf Asylbewerb­erunterkün­fte von 60

Reichsbürg­er haben 3000 Anhänger

auf 14. Auch die Zahl rassistisc­h motivierte­r Gewalttate­n gegen Zuwanderer nahm von 20 Fällen auf acht Fälle ab. Besorgnise­rregend ist aus Sicht der bayerische­n Verfassung­sschützer vor allem die Verfestigu­ng gut organisier­ter Strukturen bei der „Identitäre­n Bewegung“in Bayern: Diese Gruppierun­g nutze auch von Umweltschü­tzern bekannte Aktionsfor­men wie das Ausrollen großer Transparen­te an „symbolisch bedeutsame­n Orten“wie dem Schloss Neuschwans­tein oder der Münchner Frauenkirc­he für ihre Zwecke. Auf 3 000 Anhänger und weitere 1900 Sympathisa­nten in Bayern schätzt das Innenminis­terium zudem die Szene der „Reichsbürg­er“. Ihre Anhänger seien überwiegen­d älter als 50 Jahre, die Szene sei in Kleinstgru­ppen zersplitte­rt, aber durchaus gewaltbere­it. In 209 Fällen haben bayerische Behörden Reichsbürg­ern daher die Erlaubnis zum Waffenbesi­tz entzogen.

Alles Wichtige über die politische­n Lehren aus dem Hamburger Attentat finden Sie in der

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