Schwabmünchner Allgemeine

Das E Bike: Gesund oder gefährlich?

Mit einem Pedelec sind Senioren länger mobil. Auch Jüngere lieben das Radeln mit Motor. Gesundheit­sexpertin Petra Heinle erklärt, warum Fahrtraini­ngs sinnvoll wären

- Petra Heinle: Heinle: Heinle: Heinle: Heinle:

Frau Heinle, Sie arbeiten an einer Studie zur Mobilität von Menschen über 75. Was genau untersuche­n Sie?

Ich beschäftig­e mich damit, wie sich das Mobiliätsv­erhalten von Menschen über 75 Jahren verändert, gerade in einer so ländlichen und touristisc­h geprägten Region wie dem Oberallgäu. Meine Annahme ist, dass Menschen in diesem Alter weniger Auto fahren. Dazu kommt im Allgäu das Problem, dass der öffentlich­e Nahverkehr wenig ausgebaut ist. In diesem Kontext stellte sich die Frage, wie ein Seniorenfa­hrrad mit drei Rädern, bei dem ein Elektromot­or die Muskelkraf­t unterstütz­t, die aktive Mobilität der Menschen aufrechter­halten kann.

Welche Auswirkung­en hat es auf die Gesundheit älterer Menschen, wenn sie mit E-Bikes unterwegs sind?

Heinle: Ein Beispiel ist die Muskelkraf­t, die gestärkt wird, weil sich die Menschen wieder mehr bewegen. Viele Senioren sind nur noch kurze Strecken zu Fuß unterwegs, zum Teil mithilfe eines Rollators. Außerdem können die Senioren ein Stück Lebensqual­ität und Unabhängig­keit zurückgewi­nnen. Viele würden irgendwann mit dem Radfahren aufhören und durch das Pedelec können sie noch einige Jahre länger fahren. Eine Gefahr sehe ich aber darin, dass man den Punkt nicht erkennt, an dem man sich eingestehe­n müsste, dass es mit einem Pedelec auch nicht mehr geht.

Verglichen mit einem normalen Fahrrad passieren mit Pedelecs mehr Unfälle. Woran liegt das?

Ich vermute, dass es weniger etwas mit dem Alter zu tun hat als mit dem Pedelec an sich. Pedelecs sind schneller und ziehen beim Anfahren manchmal extrem schnell an. Außerdem kann man insgesamt schneller fahren, was immer mit einer Gefahr verbunden ist. Und sie kippen eher um, weil sie schwerer sind als normale Fahrräder. Hinzu kommt, dass man im Straßenver­kehr generell mehr Rücksicht aufeinande­r nehmen müsste. Bisher steht das Auto noch zu sehr im Vordergrun­d.

Anders als für ein Mofa braucht man für ein Pedelec keinen Führersche­in. Was halten Sie davon?

Ein Führersche­in geht vielleicht zu weit, aber ein verbindlic­hes Fahrtraini­ng wäre meiner Meinung nach sinnvoll. Denn es ist ein anderes Fahren, man muss auf bestimmte Dinge mehr achten. zentrieren kann, wäre es sinnvoll, nicht mehr Fahrrad zu fahren.

Wäre dann der Umstieg auf ein dreirädrig­es E-Bike denkbar?

Heinle: Absolut. Vorteil dieser Dreiräder ist es, dass sie nicht kippen. Außerdem haben manche Räder einen richtigen Sitz statt eines Sattels und einen sehr guten Einstieg. Deshalb sind sie auch geeignet für Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Wer aber kaum noch laufen kann oder sehr schlecht hört oder sieht, für den wird es auch mit einem Dreirad schwierig. Möglich wäre dann aber ein betreutes Fahren mit einem geeigneten Tandem.

Welche Probleme haben Senioren ganz allgemein heutzutage im Straßenver­kehr?

Während der Arbeit an der Studie haben wir festgestel­lt, dass Senioren, die lange überhaupt nicht mehr Fahrrad gefahren sind, sich schwertun, auf ein Dreirad aufzusteig­en. Die Betroffene­n wissen auch nicht mehr, wie der Straßenver­kehr funktionie­rt. In Gesprächen hat sich außerdem herausgest­ellt, dass ältere Menschen Angst haben, dass man im Straßenver­kehr nicht genügend Rücksicht auf sie nimmt. Wenn Autos mit 50 Stundenkil­ometern unterwegs sind, trauen sich alte Menschen oft nicht mehr auf die Straße – auch nicht zu Fuß.

Welche Möglichkei­ten haben ältere Menschen, die im Umgang mit dem Fahrrad unsicher sind?

Eine Idee für die Zukunft wäre, dass Städte, Gemeinden und Pflegeeinr­ichtungen Seniorenfa­hrräder oder Fahrräder für ein betreutes Fahren bereithalt­en und entspreche­nde Trainings anbieten. Gut wäre es auch, wenn Senioren die Räder mieten könnten, weil die Anschaffun­g für den Einzelnen doch sehr teuer ist. In Schwaben ist im Zeitraum von 2012 bis 2030 mit einem Zuwachs von 140000 Menschen über 60 Jahren zu rechnen, auch durch Zuzug. Das liegt daran, dass die Region für Senioren attraktiv und touristisc­h geprägt ist. Vielleicht muss man gerade hier deswegen die Infrastruk­tur besonders auf die Bedürfniss­e älterer Menschen anpassen.

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Foto: T. Hase, dpa Abends noch schnell eine Radtour über 50 Kilometer, in kürzester Zeit zum Bäcker und Metzger: Viele Radler lieben die Mobilität mit E Bikes.

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