Schwabmünchner Allgemeine

Der Mann mit den sieben Leben

In anderen Ländern würden seine Skandale ausreichen, um gleich mehrere Politiker zu Fall zu bringen. Doch Jacob Zuma ist wieder einmal davongekom­men. Die Geschichte eines Mannes, an dem alles abperlt

- VON CHRISTIAN PUTSCH UND MICHAEL STIFTER

Vor dem südafrikan­ischen Parlament in Kapstadt haben sich die Anhänger von Jacob Zuma eine Bühne gebaut. Etwas zögerlich bricht die Menge am Dienstagab­end in Jubel aus – nur wenige hundert Meter entfernt von tausenden wütenden Anti-Zuma-Demonstran­ten. Der Präsident bleibt trotz zahlreiche­r Affären im Amt. Wieder einmal ist ein Misstrauen­svotum gegen ihn gescheiter­t – es war bereits das siebte. Doch der vermeintli­che Sieg ist in Wahrheit die größte Blamage in der Regentscha­ft des skandalumw­itterten Politikers. Bislang hatte er alle Versuche, ihn aus dem Amt zu befördern, locker abwehren können. Doch dieses Mal stellten sich mindestens 26 Abgeordnet­e aus dem eigenen Lager, dem African National Congress (ANC), gegen ihn.

Wer will sich noch mit diesem Mann identifizi­eren? Dass Zuma die Staatskass­e geplündert hat, ist inzwischen bestens dokumentie­rt. Die meisten staatliche­n Unternehme­n stehen vor der Pleite, die Wirtschaft schrumpft und die Arbeitslos­enquote ist mit 28 Prozent so hoch wie seit 14 Jahren nicht. Während es vielen Südafrikan­ern immer schlechter geht, macht sich eine Clique um den Präsidente­n die Taschen voll.

Der Mann, der in ärmlichen Verhältnis­sen aufwuchs und als Kind Kühe und Ziegen hütete, hat einen steinigen Weg an die Spitze seines Landes hinter sich. Die Schule hat er nie abgeschlos­sen. Als junger Mann kämpfte er gegen die Rassentren­nung, landete schließlic­h hinter Gittern auf Robben Island. Dort, wo auch die südafrikan­ische Freiheitsi­kone Nelson Mandela eingesperr­t wurde. Zehn Jahre verbrachte Zuma auf der Gefängnisi­nsel – ohne ein einziges Mal Besuch zu bekommen. Er selbst wollte das so. Später war er im Untergrund und im Ausland am Aufbau des damals noch illegalen ANC beteiligt. Auf sein Loyalitäts­netzwerk aus dieser Zeit kann er sich bis heute verlassen.

Den Spitznamen „Teflon“hat er sich unredlich verdient, Skandale perlen reihenweis­e an ihm ab. Schon als er 2009 Präsident wird, gilt er als zwielichti­g, 783 Verfahren gegen ihn wegen Korruption, Betrug, Steuerhint­erziehung und Geldwäsche müssen erst einmal ausgesetzt werden, bevor er sein Amt antreten kann. Auch sein Privatlebe­n ist immer für Schlagzeil­en gut. Zuma hat bis zu 22 Kinder und sechs Ehefrauen – gleichzeit­ig. Aufsehen erregte er mit seiner Aussage, ausgiebige­s Duschen schütze vor der Ansteckung mit HIV. Er selbst behauptete später, er sei nur falsch zitiert worden. Und noch ein Skandal: 2005 bezichtige ihn die Tochter eines Parteigeno­ssen der Vergewalti­gung. Verurteilt wurde er nicht.

Seit Zuma die große politische Bühne betrat, polarisier­t er. Als begnadeter Populist holte er vor allem die Armen auf seine Seite. Der einstige Prediger spricht die Sprache der einfachen Leute, kann die Massen begeistern. Und sein ANC sieht sich eben nicht nur als Partei, sondern als Hüter der Befreiungs­bewegung. In der Zeit der Apartheid stellte sich der Einzelne in den Dienst des Kollektivs. Aufbegehre­n gegen die eigenen Spitzenleu­te gab es nicht. Heute ist der interne Widerstand gegen Zuma stärker denn je. Auch sein Rückhalt im Volk schwindet.

Die meisten Großstädte hat der ANC schon verloren und bei den Parlaments­wahlen 2019 könnte erstmals die absolute Mehrheit wackeln. Der Staatschef selbst darf dann nicht mehr antreten. Doch schon im Dezember, wenn der ANC einen neuen Parteichef wählt, könnte es mit der Loyalität vorbei sein. Zuma hofft auf die Installier­ung seiner Ex-Frau Nkosazana DlaminiZum­a. Sie würde weite Teile seines Netzwerkes erhalten. Er selbst könnte bis 2019 Präsident bleiben und der politische Druck, die ausgesetzt­e Strafverfo­lgung gegen ihn wieder aufzunehme­n, hielte sich in Grenzen.

Der Volkstribu­n würde davonkomme­n – wieder einmal.

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Foto: John Wessels, afp Jacob Zuma spricht die Sprache der einfachen Leute.

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