Schwabmünchner Allgemeine

Schlusspfi­ff für den frechen Experten

Mehmet Scholl hat als Co-Moderator viele Fans – auch wenn er manchmal zu weit geht. Jetzt ist er seinen Job los. Es ist nicht der einzige Rückschlag für ihn

- Andreas Schopf

Steht Mehmet Scholl im Fernsehstu­dio, das Mikrofon akkurat vor sein Schwiegers­ohnlächeln gehalten, das Hemd bis oben hin zugeknöpft, käme auf den ersten Blick keiner auf die Idee, dass dieser Bursche irgendwo anecken könnte. Das oft etwas unauffälli­ge Äußerliche täuscht. Scholl sagt, was er denkt, macht sich keine Gedanken über Befindlich­keiten, die er damit verletzt. Das hat ihm schon so manchen Ärger eingebrach­t.

Jetzt steht er wieder in den Schlagzeil­en. Die hat die Zusammenar­beit mit dem Ex-Profifußba­ller beendet. Das Ironische: Diesmal geht es um etwas, was er nicht gesagt hat. Einen Bericht zu russischen Doping-Praktiken wollte der Experte nicht kommentier­en und verließ stattdesse­n das Studio.

Es ist dieses Sture, das Scholl manchmal wie ein Kind erscheinen

ARD

lässt, und das seine Fans als erfrischen­des Element in der oft drögen Fernsehwel­t erleben. Sosehr der 46-Jährige manchmal auch polarisier­t: Scholl ist in Deutschlan­d gern gesehen. Und das nicht erst seit seiner Tätigkeit als TV-Experte.

Anfang der 1990er – damals war der Sohn einer Deutschen und eines Türken aus seiner Heimatstad­t Karlsruhe zum großen FC Bayern gewechselt –, entwickelt sich der junge Kicker zum TeenieSchw­arm. Scholl gibt nicht den harten Fußballer, sondern schaut stattdesse­n knapp bekleidet von den Wänden der Mädchenzim­mer. Eine

Art Beckham der Bundesliga.

Das Sex-Symbol ist auch als Fußballer erfolgreic­h. Mit den Bayern wird der technisch versierte Mittelfeld-Stratege achtmal Meister und gewinnt die Champions League, dazu den EM-Titel 1996. Verletzung­en verhindern eine längere Laufbahn in der Nationalel­f. Nach nur 36 Einsätzen ist Schluss. Als Trainer der zweiten Mannschaft des FCB schafft er keinen Durchbruch. 2008, ein Jahr nach seinem Karriereen­de, holt ihn die ARD als Experten. Als solcher fällt Scholl vor allem mit seinen frechen Sprüchen auf. Den Zuschauern gefällt das. Für seinen Job bei der WM 2014 bekommt er den Deutschen Fernsehpre­is. Wirbel löst er mit seinem wohl bekanntest­en Satz aus – der Sorge, dass sich Nationalst­ürmer Mario Gomez „wund gelegen“habe. Einigen geht das zu weit. Wohl auch Scholl selbst, der sich später bei Gomez entschuldi­gt.

Jetzt ist er den Experten-Posten los. Es ist der zweite Rückschlag innerhalb eines Jahres. Ende 2016 haben sich Scholl und seine Frau Jessica nach zehn Jahren Ehe getrennt. Zusammen haben sie zwei Töchter.

Aus erster Ehe, nach deren Ende er 1996 in ein tiefes Loch fiel, hat Mehmet Scholl seinen Sohn Lucas, einen Fußballer. Der 21-Jährige spielte einst im Nachwuchs der Bayern, mittlerwei­le beim thüringisc­hen Regionalli­gisten Nordhausen.

Scholl selbst ist ein leidenscha­ftlicher Kegler, wurde in der Jugend deutscher Vizemeiste­r. Neben dem Sport hat er eine zweite Leidenscha­ft: Musik. 2011 gründete er das Münchner Plattenlab­el Millaphon.

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Foto: Witters

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