Architektin der Gemeindeentwicklung
Bürgermeisterin Cornelia Thümmel sieht in Mittelneufnach viele Aufgaben, die auch einen hauptamtlichen Kollegen auslasten würden. Selbst ihre Berufserfahrung mit Bauten setzt sie dafür ein
Bürgermeisterin, Sie wurden vor drei Jahren als erste Frau an die Spitze des Mittelneufnacher Gemeinderats gewählt. Haben Sie sich das Amt so vorgestellt?
Cornelia Thümmel: Ehrlich gesagt bin ich ohne eine vorgefertigte Vorstellung ins Amt gestartet. Meine Hauptintension war einfach nur, offen und ehrlich auf alle Bürger und Bürgerinnen und die Aufgaben zuzugehen.
Was haben Sie so gar nicht erwartet?
Thümmel: Obwohl ich für Offenheit und Transparenz bin und Probleme gerne direkt anspreche, landet Kritik an meiner Person oder Arbeit leider selten unmittelbar bei mir. Auch wenn es manchmal so wirkt: „Ich beiße nicht!“(lacht)
Was sind die größten Herausforderungen für Sie als Bürgermeisterin einer kleinen Staudengemeinde?
Thümmel: Das Ehrenamt! Wenn man gute Arbeit machen will, ist dies eigentlich im Ehrenamt fast nicht mehr zu leisten. Die Aufgaben, gerade bei uns, mit eigener Wasserversorgung, eigener Kläranlage und Kindergarten und natürlich all den anderen Aufgaben entsprechen jenen manch größerer Gemeinden, welche mit hauptamtlichen Bürgermeistern und einem eigenen Beamtenstock viel mehr „Manpower“besitzen.
Sie kamen zu Beginn Ihrer Amtszeit völlig neu in die Kommunalpolitik. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Gemeinderäten und Bürgern?
Thümmel: Aus meiner Sicht ist die Zusammenarbeit innerhalb des Gemeinderates sehr gut. Vor allem hat mich auch die aufgelebte Diskussionsfreude der Gemeinderätinnen gefreut, es tragen alle zum Ergebnis bei. Wünschenswert wäre für mich gewesen, wenn aus dem Seminar in Thierhaupten einzelne Räte noch mehr Aufgaben übernommen hätten. Einige von ihnen erklärten mir zu Beginn der Amtszeit: „Der Bürgermeister ist das ausführende Organ des Gemeinderates, sozusagen die Sekretärin.“Dies hat sich dann doch relativiert, aber es bleiben viele Aufgaben an mir hängen. Die Bürger kamen und kommen noch immer häufig und sehr offen zu mir. Die Gemeindesekretärin war überrascht, wie viel „Betrieb“auf einmal in den Amtsstunden herrscht. Sicher ist es inzwischen ein wenig ruhiger geworden, und auch nicht jeder wird glücklich und zufrieden gegangen sein. Ich wünsche mir, dass alle wissen, wie ernst ich ihre Anliegen nehme, ergebnisoffen die Sachlage eruiere und mich bemühe, alle gleich zu behandeln.
Sie sind die erste Rathauschefin, die aus dem Ortsteil Reichertshofen stammt. Wachsen dadurch die beiden Ortsteile von Mittelneufnach noch ein Stück mehr zusammen?
Thümmel: Die noch von Altbürgermeister Franz Meitinger initiierte Dorferneuerung hat die erste Annäherung gebracht. Aber selbstverständlich bringt es ein weiteres Zusammenwachsen der Bürgerschaft mit sich. Auch der Gemeinderat nimmt Reichertshofen nun intensiver wahr. Kürzlich haben wir eine gemeinsame Ortsbegehung gemacht und die aktuelle Situation besichtigt.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Erfolge der ersten Amtszeit? Welche Ihrer Ziele konnten bislang verwirklicht werden?
Thümmel: Der größte Erfolg ist die Umsetzung unseres Baugebiets „Im Riedle“. Somit bekommen wir Bauplätze für unsere jungen und auch im Ort aktiven Bürger. Da der Bebauungsplan vor Jahrzehnten bereits aufgestellt wurde, ohne dass die Gemeinde im Besitz der Grundstücke war, gestaltete sich die Umsetzung schwierig. Wir arbeiteten an einer ganz neuen Erschließung, und auch der Bebauungsplan an sich wurde komplett geändert. Nun sind hoffentlich alle angrenzenden Grundstückseigentümer zufrieden, und vor allem die zukünftigen „Häuslebauer“. Jedoch musste dieses Baugebiet erheblich verkleinert werden. Deshalb freuen wir uns über die Zusage und Mithilfe der Diözese und der örtlichen Kirchengemeinde, ein weiteres Baugebiet in Erbbaupacht erschließen zu können. Dies bietet gerade jungen Familien eine Alternative zum Kauf.
Was können die Bürger in den nächsFrau ten drei Jahren Ihrer Amtszeit erwarten?
Thümmel: Zunächst einmal, dass ich weiterhin mit viel Elan bei der Sache bleibe! Konkret: Wir werden das Gewerbegebiet noch umsetzen, und ich bin stolz darauf, bereits einen sehr gewichtigen Gewerbetreibenden gefunden zu haben, mit welchem wir bereits kurz vor dem Abschluss stehen. Die eigene Trinkwasserversorgung ist sanierungsbedürftig. Da diese für unsere kleine Gemeinde bei den heutigen gesetzlichen Anforderungen kaum noch finanzierbar ist, bemühen wir uns, dem Staudenwasserzweckverband beizutreten. Außerdem ist es uns gelungen, die Dorferneuerung nun doch in die Startlöcher zu bekommen und vor allem die Ausbaumaßnahmen der Staatsstraßen innerhalb von Mittelneufnach mit dieser zeitlich zu koppeln. Dies führt bei einigen Maßnahmen zu einer finanziellen Entlastung der Bürger, was bei einem Straßenausbau zu anderer Zeit nicht möglich gewesen wäre. Innerhalb der Dorferneuerung wird sich vieles tun, und ich hoffe und bitte die Bevölkerung, sich zu beteiligen und mitzuhelfen, unsere Gemeinde auch für die Zukunft lebensund liebenswert zu gestalten.
Sie sind neben ihrer Tätigkeit als Bürgermeisterin hauptberuflich selbstständige Architektin, dazu noch Feuerwehrkommandantin in Reichertshofen. Wie lässt sich das vereinbaren? Können Sie ihre berufliche Erfahrung in die Projekte der Gemeinde einfließen lassen?
Thümmel: Die Tätigkeit als Architektin hat für die Gemeinde schon einige Male Vorteile gebracht. Gerade bei der Umplanung des Baugebietes und dem Finden neuer Lösungsansätze habe ich manche Stunde beim Skizzieren und Überplanen gesessen. Auch jetzt bei der Planung für das Gewerbegebiet oder in den Gesprächen mit den Ämtern kann ich auf Augenhöhe kommunizieren. Meine Freizeit dagegen ist eigentlich nicht mehr vorhanden. Machbar ist dieses Ehrenamt auch nur durch die Unterstützung meines stellvertretenden Kommandanten und das Verständnis meines Ehemanns. Nur so kann ich alle notwendigen Maßnahmen innerhalb der Gemeinde weiterhin verfolgen.
Mittelneufnach gehört zu den Gemeinden, deren Verschuldung im oberen Bereich angesiedelt ist. Über die letzten Jahre war Sparen eines der obersten Ziele. Hat sich die Lage inzwischen verbessert? Welche Projekte sind trotz des hohen Schuldenstandes in nächster Zeit notwendig?
Thümmel: Die Schulden haben sich durch eine strikte Sparpolitik erheblich reduziert. Dies war einerseits notwendig und wichtig, auf der anderen Seite ist dadurch an manchen Stellen ein Investitionsstau entstanden. Gerade bei der Trinkwasserversorgung lässt sich das nicht wirklich aussitzen, und ich hoffe, diese mit dem Staudenwasserzweckverband auf zukunftsträchtige Füße stellen zu können. Das Baugebiet bringt uns neue Mitbürger und das Gewerbegebiet neue Einnahmen. Die Dorferneuerung unterstützt uns bei sowieso anstehenden Maßnahmen durch ihre Förderung. Der Haushalt wird immer wieder sorgfältig aufgestellt, überprüft und die Maßnahmen über mehrere Jahre aufgeteilt.
Das Gemeindezentrum wird von den Bürgern gut besucht und ist ausgelastet. Auf der anderen Seite gehört es zu den Hauptursachen des hohen Schuldenstandes, auch der Unterhalt muss gestemmt werden. Walkertshofen ist gerade dabei, ein ähnliches Projekt zu starten. Können sich kleine Gemeinden so etwas noch leisten?
Thümmel: Walkertshofen hat das Glück, eine hohe Förderung zu bekommen. Der Anspruch der Bevölkerung an den Freizeitwert der eigenen Kommune wird immer höher. Deshalb muss sich die ländliche Gemeinde, wenn sie zukünftig Bürger an ihren Ort binden will, etwas einfallen lassen. Ich würde jedem Ort neben den alteingesessenen Vereinen auch so eine herausragende Qualität an musikalischen und kabarettistischen Darbietungen wünschen, wie es bei uns die Kulturschmiede ins Leben gerufen hat. Leider haben sich unser Theaterverein mit seinem ebenfalls anspruchsvollen Schauspiel und die Kulturschmiede bei den Buchungszeiten im Gemeindezentrum als Konkurrenten begriffen, sodass es nun bedauerlicher Weise am Jahresende zu einer Programmpause der Kulturschmiede kommt. Beide Vereine sind gut und wichtig für Mittelneufnach, und ich finde es schade, dass es hier nicht zu einer vernünftigen Lösung kam.
Durch die VG Stauden arbeiten die einzelnen Gemeinden in verschiedenen Projekten zusammen. Der vor Kurzem beschlossene, gemeinsame Bauhof ist nicht unumstritten. Wie stehen Sie dazu?
Thümmel: Bürgermeisterin Jungwirt-Karl und ich waren eine der Initiatoren des gemeinsamen Bauhofes. Dies war auch aus einer bevorstehenden Not heraus geboren, denn unsere Gemeindearbeiter und die Klärwärter bzw. Wasserwart gehen in den kommenden Jahren in Ruhestand, sodass dann Personal mit einer höheren Ausbildungsqualifikation einzustellen wäre. Alle Staudengemeinden bis auf Langenneufnach trifft auch das Problem, dass in Zukunft mehr Personal eingestellt werden müsste. Dies war für uns alle der Anfang der Überlegungen für einen gemeinsamen und, aus meiner Sicht sehr sinnvollen Bauhof VG Stauden.
Werden sie nach Ihrer ersten Wahlperiode in drei Jahren nochmals als Kandidatin antreten?
Thümmel: Aus heutiger Sicht auf alle Fälle. Es gibt noch so viel laufende Projekte und Ziele, dass ich in drei Jahren hoffe, noch einmal das Vertrauen der Bürger ausgesprochen zu bekommen.