Schwabmünchner Allgemeine

Wo liegt denn Theresiens­tadt?

- Fischach

Zu zwei Terminen wurden die letzten in Fischach verblieben­en Juden deportiert. Am 1. April 1942 mussten sich um 11 Uhr 56 Frauen und Männer auf dem Bahnhof einfinden und auf den Mittagszug warten, an den für sie extra Waggons angehängt wurden. Die Schulkinde­r hatten an diesem Tag länger Unterricht, sie sollten die Deportatio­n nicht mitbekomme­n. Zunächst wurde den Menschen lediglich mitgeteilt, sie würden nach Augsburg gebracht. Noch von unterwegs hatte eine der Deportiert­en aber Gelegenhei­t, eine Postkarte nach Fischach zu schreiben. Man würde nach Theresiens­tadt geschickt. Diese Postkarte kam im Geschäft von Rosa Ziegelmeie­r an. Wo denn wohl Theresiens­tadt sei, hatten sich die Kolonialwa­renhändler­in, die Großmutter des jetzigen Bürgermeis­ters Peter Ziegelmeie­r und einige Kunden gefragt. Daran erinnern sich noch Jakob Demmel und Erna Mayerle.

Doch tatsächlic­h führte dieser Transport nicht bis ins Konzentrat­ionslager Theresiens­tadt. Die Fischacher Juden blieben in Piaski. In der ostpolnisc­hen Kleinstadt lebten immer schon viele Juden, im Zweiten Weltkrieg waren es über 4000. Anfang 1940 wurde dort ein Getto eingericht­et. Um Platz für weitere Menschen zu schaffen, erfolgten ab dieser Zeit immer wieder Transporte in das Vernichtun­gslager Belzec bei Lublin. Ab März 1943 wurden Männer ins Arbeitslag­er Trawniki geschickt. Über das Schicksal der Frauen und Kinder bei Auflösung des Gettos ist nichts überliefer­t. Fest steht jedoch, dass kein einziger der deportiert­en Fischacher Juden überlebte, für die 56 Menschen dieses Transports heißt es fast allesamt: „Verscholle­n in Piaski“.

Auch die zehn letzten Juden, allesamt alte Menschen, die noch einmal am 10. August 1942 deportiert wurden, überlebten nicht. Die meisten von ihnen starben im Konzentrat­ionslager Theresiens­tadt.

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