Schwabmünchner Allgemeine

Die neuen Häuser sind schon voll

128 Wohnungen stellt alleine die GWG in diesem Jahr in Königsbrun­n fertig. Dem gegenüber stehen dreieinhal­b mal so viele Interessen­ten. Deren Chancen sind aber nicht gut: Denn wer eine Wohnung hat, wechselt derzeit nicht

- VON ADRIAN BAUER Königsbrun­n

„Bezahlbare­r Wohnraum braucht bezahlbare Grundstück­e.“

Geschäftsf­ührer Günther Riebel

Das Thema Wohnen erregt zurzeit immer häufiger die Gemüter. Die Bevölkerun­g im Großraum Augsburg wächst durch den wirtschaft­lichen Erfolg. Damit einher geht eine steigende Nachfrage nach Wohnraum. Königsbrun­n ist davon gleich doppelt betroffen: Einerseits suchen viele Menschen nach Bauplätzen für ein Haus, anderersei­ts geht es auf dem Mietwohnun­gsmarkt immer knapper zu. Gerade für Menschen mit geringem Einkommen wird es immer schwierige­r, eine neue Wohnung zu finden.

Nina Marloth muss ihre Wohnung im Südosten der Stadt Ende März verlassen. Ihr Vermieter hat Eigenbedar­f für ihre Wohnung angemeldet und ihr gekündigt. Ein Gericht hat diese Kündigung für rechtens erklärt. „Wenn ich bis Ende März nichts gefunden habe, bin ich obdachlos“, sagt Marloth. Sie arbeitet stundenwei­se als Busfahreri­n, entspreche­nd variiert ihr Verdienst je nachdem, wie viel sie im Einsatz ist. In den schwächere­n Monaten hilft das Jobcenter aus. Wohngeld zu beantragen, würde sich für sie nicht lohnen, das hat sie schon ausrechnen lassen.

2015 war sie von Wolfratsha­usen nach Königsbrun­n gezogen, um näher bei ihren gesundheit­lich angeschlag­enen Eltern sein und sie unterstütz­en zu können. Ihr NochVermie­ter meldete sich auf eine Zeitungsan­zeige und bot ihr die Wohnung an. Sie griff sofort zu. Das Ap- partement war nur zwei Straßen von der Wohnung ihrer Eltern entfernt, die Miete im Budget: „Ich kann nicht mehr als 450 Euro warm bezahlen“, sagt sie. Dafür hätte sie gerne 50 Quadratmet­er Wohnraum für sich und Katze Cinderella, idealerwei­se noch einen kleinen Balkon für ihre Pflanzen. Doch das wäre Zugabe, wichtig ist ihr vor allem, dass ihre Mitbewohne­rin auf vier Pfoten mit einziehen darf: „Ohne sie geht es nicht.“

Das Problem ist jedoch, dass sie bei Weitem nicht die Einzige ist, die derzeit eine Wohnung in der Stadt sucht. Allein bei der städtische­n Wohnungsba­ugesellsch­aft GWG lagen im Dezember 453 Vormerkung­en für Wohnungen vor, sagt Geschäftsf­ührer Günther Riebel: „Wir bieten bezahlbare­n und vor allem sicheren Wohnraum, weil die Mieter bei uns nicht wegen Eigenbedar­fs gekündigt werden. Wer seine Miete zahlt, kann bleiben. Dadurch sind unsere Wohnungen sehr begehrt.“

Entlastung brachte auch die laufende große Neubau-Offensive kaum: Die Gesellscha­ft hat 28 Millionen Euro in die Hand genommen und baut 128 Wohnungen, darunter 53 vom Staat geförderte mit günstigen Mieten. 8550 Quadratmet­er Wohnfläche entstanden so, darunter 17 seniorenge­rechte Wohnungen mit einer Tagespfleg­eeinrichtu­ng im Haus. Insgesamt ist das die größte Investitio­n in der Geschichte der GWG. Die Wohnungen werden in diesem Jahr fertig, vergeben sind sie alle aber schon lange.

Den verbleiben­den Interessen­ten kann Riebel nur wenig Hoffnung machen. Die Situation sei im Moment höchst angespannt. Das Problem: Es gibt kaum Fluktuatio­n im Bestand, wer eine Wohnung hat, behält sie deutlich länger als in früheren Jahren, sagt der GWG-Geschäftsf­ührer: „Es gab Jahre, in denen es in 20 Prozent der Wohnungen Mieterwech­sel gab. Im vergangene­n Jahr hatten wir bei 360 Wohnungen zwölf Wechsel.“Königsbrun­n sei mit seinen zwei Prozent Fluktuatio­n auch keine Ausnahmeer­scheinung. In Friedberg sei die Situation mit drei Prozent Wechsel im Bestand ebenso angespannt.

Der Engpass habe sich über Jahre entwickelt, daher habe man sich bewusst entschiede­n, sich aus dem Geschäft mit Doppel- und Reihenhäus­ern herauszune­hmen und sich auf die mehrgescho­ssigen Häuser zu konzentrie­ren. Unter den Interessen­ten seien neben Deutschen auch einige anerkannte Asylbewerb­er, aber weniger, als gemeinhin vermutet, sagt Riebel: „Dadurch, dass der Nachdrang nicht mehr so groß ist, können viele als Fehlbelege­r in den Asylunterk­ünften bleiben.“Spürbar sei aber eine innereurop­äische Wanderung. Eine große Gruppe seien Interessen­ten aus osteuropäi­schen EU-Ländern, die in Deutschlan­d Arbeit haben oder einen Job suchen. Weitere Großprojek­te sind für die GWG momentan nicht zu stemmen. Mit den derzeitige­n Baumaßnahm­en arbeite man an der Belastungs­grenze, sagt Riebel. Nächstes Projekt soll der im Stadtrat schon angedachte Neubau auf der brachliege­nden Fläche hinter der Sparkasse werden. Darüber hinaus wird es schwierig, denn: „Bezahlbare­r Wohnraum braucht bezahlbare Grundstück­e“, sagt Riebel. Derzeit lebe man noch von den Reserven. Wenn die aufgebrauc­ht sind, könnte es schwierig werden. Denn für den sozialen Wohnungsba­u gelten dieauch selben Vorschrift­en wie für alle anderen Projekte. Soll es weitergehe­n, brauche die GWG mehr Geld oder mehr Grundstück­e.

Nina Marloth setzt ihre Hoffnung eher auf private Vermieter. Auf Zeitungsin­serate bekam sie allerdings keine Rückmeldun­g. Grundsätzl­ich könne sie zwar bei ihrer Mutter unterkomme­n, allerdings fehlt dort der Platz für die Küche, die sie sich von ihren Ersparniss­en für ihre alte Wohnung gekauft hat. Und die Möbel einzulager­n, kostet ebenfalls wieder Geld, das sie nicht hat. Sie hofft nun inständig, dass sich bald etwas ergibt.

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Foto: Adrian Bauer Die Gebäude des neuen Kolpingpar­ks an der Föllstraße sollen noch in diesem Jahr bezogen werden.

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