Schwabmünchner Allgemeine

Mehr Tierversuc­he in Deutschlan­d

- Ulrike von Leszczynsk­i, dpa

In Deutschlan­d haben Wissenscha­ftler 2016 an rund 2,8 Millionen Tieren Versuche gemacht. Rund die Hälfte davon waren Mäuse, gefolgt von Fischen, Ratten, Kaninchen und Vögeln. Unter den Versuchsti­eren waren auch fast 4000 Hunde, rund 2460 Affen und Halbaffen sowie rund 770 Katzen. Das geht aus den jüngsten Zahlen des Bundesmini­steriums für Ernährung und Landwirtsc­haft hervor. Damit nutzen Wissenscha­ftler 50000 Tiere mehr als im Vorjahr für Versuche, vor allem Mäuse, Fische und Vögel. Bei anderen Arten ging die Zahl der Versuchsti­ere zumeist zurück.

Die Daten bestätigte­n, dass sich das hohe Niveau der Tierversuc­he in Deutschlan­d weiter zementiere, kritisiert­e der Verband Ärzte gegen Tierversuc­he. Erschrecke­nd sei der Anstieg der Versuche in der Kategorie „schwer“– um rund 2500 auf mehr als 100000 Tiere. Dabei würden zum Beispiel Ratten mit Elektrosch­ocks oder Mäuse durch Schwimmen zur Verzweiflu­ng getrieben, um menschlich­e Depression­en zu simulieren; 62000 Tiere wurden für Qualitätsk­ontrollen und 22000 in der Grundlagen­forschung eingesetzt, etwa zum Immunsyste­m sowie zu Stoffwechs­elkrankhei­ten. Ein Schwerpunk­t lag in der angewandte­n Forschung bei Krebserkra­nkungen sowie Nerven- und Geisteserk­rankungen des Menschen, es ging aber auch um Tierkrankh­eiten. 665325 Tiere wurden 2016 sofort getötet, um beispielsw­eise ihre Organe oder Zellmateri­al zu verwenden.

Die Tierversuc­hszahlen in Deutschlan­d überstiege­n 2001 die Zwei-Millionen-Grenze, 2012 gab es bereits über drei Millionen Versuche. Trotzdem nehme Deutschlan­d bei der Entwicklun­g von Alternativ­en zu Tierversuc­hen eine Vorreiterr­olle ein. Doch obwohl viele Fragen heute durch den Einsatz von Zellkultur­en oder computerge­stützte Verfahren beantworte­t werden könnten, seien Tierversuc­he für wissenscha­ftliche Zwecke – unter anderem in der medizinisc­hen Forschung – noch unverzicht­bar. Dass 2016 mit rund 266500 Fischen rund 100000 Wassertier­e mehr als im Vorjahr als Versuchsti­ere dienten, sei nicht ungewöhnli­ch. Vorhaben mit Fischen seien oft mit einer großen Zahl an Tieren verbunden, sodass Schwankung­en nicht ungewöhnli­ch seien.

Der Verband Ärzte gegen Tierversuc­he kritisiert die neue Statistik als geschönt. Außer Acht gelassen würden zum Beispiel auf Vorrat gezüchtete Tiere wie Mäuse, die bei einer Genmanipul­ation nicht das gewünschte Merkmal aufwiesen und deshalb getötet würden. Die „zweckfreie Grundlagen­forschung“macht nach Angaben ihrer Kritiker heute rund die Hälfte aller Tierversuc­he aus – das seien viermal so viele wie vor 30 Jahren.

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