Schwabmünchner Allgemeine

Stimmen für die Jugend

Junge Menschen in Schwabmünc­hen können dieses Jahr einen neuen Jugendbeir­at wählen. Drei Mitglieder des Gremiums erzählen, welche Rolle dieser Rat spielt und was sie in der Stadt bewegen wollen

- VON VERONIKA LINTNER Schwabmünc­hen

Die Jugend von Schwabmünc­hen trifft sich in einem steinalten Haus. Die Mauern des Jugendzent­rums U-Turn sind mehr als 150 Jahre alt und mit Graffiti verziert. Pflanzen schlängeln und ranken sich bis zum obersten Stockwerk. Drinnen, im Klubraum, machen es sich an diesem Nachmittag drei Mädchen auf den Sofas gemütlich und schießen Selfies. Daneben spielen Jungen eine Partie Tischkicke­r. Und an der Theke haben sich drei junge Menschen versammelt, die ein politische­s Sprachrohr für die Jugend sein wollen. Lisa Schaur, Enzo Hirsch und Fabian Siebeneich­er arbeiten seit 2015 gemeinsam im Jugendbeir­at der Stadt Schwabmünc­hen. Am 19. Juni 2018 stehen Neuwahlen an.

„Viele wissen nicht einmal, was der Jugendbeir­at macht“, sagt Fabian. Er erklärt: „Wir treffen uns mit den Stadtratsm­itgliedern, wir planen Events und können bei Jugendthem­en Empfehlung­en für den Stadtrat abgeben. Die verliest dann der Bürgermeis­ter in der Stadtratss­itzung.“Der 19-Jährige absolviert eine Ausbildung zum Metallbaue­r und engagiert sich beim Technische­n Hilfswerk. Er empfindet den Beirat als eine tolle Chance, sich ins Stadtleben einzubring­en. Für Lisa Schaur, eine junge Erzieherin in Ausbildung, war Politik schon immer ein wichtiges Thema. „Sonntags am Frühstücks­tisch haben wir in meiner Familie schon immer über Gott und die Welt und vor allem über Politik diskutiert.“Und so habe sie spontan entschiede­n, sich zur Wahl zu stellen. Denn alle drei Jahre können junge Menschen den Beirat wählen. Enzo Hirsch erzählt, dass ihn vor allem die Arbeit seiner Vorgänger für das Amt begeistert hat.

Seit seiner Gründung 1993 hat der Beirat viele Projekte ins Leben gerufen. Das Singoldsan­d Festival, das inzwischen tausende Zuschauer mit junger Musik lockt, war eine Initiative des Jugendrats. Auch Enzo Hirsch trägt heute eine Baseballka­ppe mit dem Logo des Fests. Und seine Generation will auch Spuren im Stadtgesch­ehen hinterlass­en: Der Jugendbeir­at rief vor zwei Jahren ein Seifenkist­enrennen ins Leben, das jeden Sommer stattfinde­n soll. Die Kisten hängen draußen, im Schuppen des Jugendzent­rums, und warten schon auf ihren Einsatz in diesem Jahr. Doch der Rat befasst sich auch damit, wie Jugendlich­e ihren Alltag jenseits der großen Feiern und Events gestalten können. Denn seit Jahren beschäftig­t die Stadt eine Debatte um die Zukunft des Jugendzent­rums.

Auch Harry Grießer, der Leiter des U-Turn, sieht Bedarf für eine Sanierung oder gar einen Neubau: „Ich kenne dieses Haus schon lange. Ich mag dieses alte Haus. Aber es gibt Mängel an vielen Ecken und Enden.“Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1850 und ist seit 1973 ein offizielle­r Treffpunkt für die Jugend von Schwabmünc­hen. Der Putz bröckelt inzwischen, die Räume sind nicht barrierefr­ei. Ein erster Entwurf für ein neues Jugendzent­rum legte der Jugendbeir­at im Juni 2017 der Stadt vor – aber immer wieder verzögern sich die Planungen. In der jüngsten Sitzung des Schwabmünc­hner Stadtrats stand die Debatte um ein neues Jugendzent­rum wieder auf der Tagesordnu­ng. Auch diese Besprechun­g brachte kein Ergebnis. In solchen Momenten fühlen sich die Jugendli- chen alleingela­ssen von der Politik. „Es wäre schön, wenn wir Hand in Hand für ein gemeinsame­s Ziel arbeiten würden“, sagt Enzo. Er hofft auf neuen Schwung in der neuen Amtsperiod­e. Denn 2018 ist für die jungen Schwabmünc­hner nicht nur das Jahr der Landtagswa­hl in Bayern, sondern auch der Jugendbeir­atswahl. Am 19. Juni können Stadtbewoh­ner von 14 bis 24 Jahren per Briefwahl abstimmen.

Und die drei Räte haben sich entschloss­en, wieder zu kandidiere­n. „Fabian und ich sind noch einmal dabei“, sagt Enzo Hirsch. „Und ich habe mich gestern auch dafür entschiede­n“, erzählt Lisa Schaur. „Ich fände die Frauenquot­e sonst zu gering im Jugendrat. Das hat mich für eine weitere Amtszeit motiviert.“Zunächst lief die Suche nach Kandidaten schleppend, die Stadt Schwabmünc­hen verlängert­e die Nominierun­gsfrist. Aber jetzt bewerben sich 15 Personen um einen der maximal zehn Sitze im Jugend- beirat. In den kommenden Wochen wollen die amtierende­n Beiräte die Werbetromm­el rühren: Am 15. Juni besuchen die Jugendräte die Leonhard-Wagner-Schulen, um sich den Schülern vorzustell­en. „Und dort können die Jugendlich­en auch schon einen Test-Stimmzette­l in einer Wahlurne abgeben“, erklärt Lisa. Der Wunsch ist groß, dass viele junge Schwabmünc­hner ihr Wahlrecht wahrnehmen, sagt Enzo Hirsch. Er bedauert, dass die Politikver­drossenhei­t in seiner Generation zunimmt. Die Beteiligun­g von rund 14 Prozent bei der letzten Jugendbei- ratswahl scheint auf den ersten Blick niedrig. Aber Harry Grießer, der Leiter des U-Turn, sagt: „Das ist immer noch weit mehr als in den Nachbarbez­irken.“Der Blick in die Zukunft bleibt optimistis­ch „Ein weiteres erfolgreic­hes Seifenkist­enrennen würde ich mir für 2018 wünschen“, sagt Lisa, „denn das ist unser Projekt.“Enzo hofft, dass er vielleicht sogar den Spatenstic­h für ein Jugendzent­rum in der nächsten Amtszeit erlebt. „Die Stadt kann jedenfalls stolz auf den Jugendrat sein, und auf das, was hier in den letzten zehn Jahren passiert ist“, sagt er.

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Foto: Veronika Lintner Sie stellen sich wieder zur Wahl: (von links) Fabian Siebeneich­er, Lisa Schaur und Enzo Hirsch sind seit 2013 im Jugendbeir­at aktiv und bewerben sich für eine zweite Amts zeit. Am 19. Juni haben junge Schwabmünc­hner von 14 bis 24 die Chance, per...

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