Das Dorf, in dem die Kinder wohnen
In Ellgau leben in mehr als der Hälfte aller Haushalte unter 19-Jährige. Damit ist das Dorf im Landkreis die absolute Ausnahme. Welche Vorteile junge Familien sehen
Landkreis Augsburg/Ellgau Hätten Sie das gedacht? Kinder im Haus sind die Ausnahme. Denn in zwei Drittel aller Haushalte im Landkreis Augsburg leben keine Kinder. Nur in Ellgau ist das anders. In der kleinen Gemeinde im Lechtal gibt es in mehr als der Hälfte aller Haushalte Kinder.
Auch bei anderen statistischen Werten hat das Dorf die Nase vorne. So hat es den größten Anteil an Haushalten mit drei Kindern und mehr. Insgesamt 21,1 Prozent der 1100 Ellgauer sind Kinder und Jugendliche. Nur die ähnlich kleine Stauden-Gemeinde Ustersbach toppt diesen Wert knapp – mit 21,9 Prozent. Doch was steckt hinter diesen Zahlen?
Manfred Schafnitzel, Ellgaus Bürgermeister, freut sich über die vielen jungen Familien im Ort, spricht aber auch von einer „Zitterpartie“, die jährlich mit dem Kinderreichtum verbunden ist. Das erst vor wenigen Jahren als zweigruppiger Kindergarten angelegte Kinderhaus Pusteblume ist mittlerweile auf vier Gruppen angewachsen. Dank einer Sondergenehmigung sowie der Mitnutzung der ursprünglichen Horträume bekommen alle einheimischen Kinder einen Platz, allerdings ist das Kinderhaus „voll bis unters Dach“, erklärt Schafnitzel.
Die Ellgauer Krippe besuchen aktuell 15 Kinder. Auch in der Mischgruppe aus Krippen- und Kindergartenkindern werden 15 Kinder betreut. Hinzu kommen zwei Regelkindergartengruppen. Insgesamt zehn Beschäftigte in Teilund Vollzeit kümmern sich in Ellgau um die Kinderschar. Preislich bewegt sich die Pusteblume im Landkreisvergleich im gehobenen Mittelfeld. 30 Wochenstunden kosten im Kindergarten 88 Euro pro Monat, in der Krippe sind 143 Euro fällig.
Bei den Krippengebühren ist die Gemeinde damit günstiger als die Orte in der Nachbarschaft. Gemeinsam ist den Gemeinden im nördlichen Landkreis, dass der Anteil der unter 18-Jährigen an der Bevölkerung überdurchschnittlich hoch ist (siehe Grafik).
Auch der Nachwuchs von Andreas und Michaela Zwerger, die dreijährige Josephina und die 13 Monate alte Luisa, werden in Ellgau in den Kindergarten gehen. Das freut Mama Michaela, die in Affaltern, einem Ortsteil von Biberbach, groß geworden ist. „In Affaltern gibt es weder Kindergarten noch Schule. Wir mussten deswegen schon früh mit dem Bus fahren“, erinnert sich die 26-Jährige an ihre eigene Kindheit zurück.
Sie freut sich, dass ihre Kinder in Ellgau den Kindergarten und die Schule besuchen dürfen. Auch die Infrastruktur im Ort, die Nähe zur B2 sowie zum Bahnhof in Nordendorf hält die stellvertretende Ortsbäuerin für gute Gründe, warum sich junge Menschen in Ellgau gerne niederlassen. Der günstige Baugrund ist zudem ein Pluspunkt. Im alten Baugebiet lagen die Preise unter 90 Euro für den Quadratmeter. Im neuen werde sich das nicht halten lassen, sagt der Rathauschef.
Familie Zwerger hat bereits früh den Beschluss gefasst, in Ellgau zu bauen. Andreas Zwerger war 25 Jahre alt, seine Frau 21. Da er als selbstständiger Landwirt im Ort arbeitet, war es für ihn nie eine Option, wegzuziehen. „In Ellgau bauen deutlich mehr Einheimische als Fremde“, berichtet Zwerger. Regelmäßig gibt es Veranstaltungen wie den Tanz in den Mai oder die Ostereiersuche.
Zwerger selbst engagiert sich im Vorstand der Freiwilligen Feuerwehr und ist auch im aktiven Dienst. Außerdem ist er Ortsobmann im Bauernverband. Für ihn ist Ellgau ein Ort mit hoher Lebensqualität. „Wir haben viel Platz und viel Ruhe“, erklärt der 29-Jährige.
Dass die Gemeinde weiterhin wachsen wird, daran hat Bürgermeister Schafnitzel keinen Zweifel. Die Nahverdichtung innerorts nimmt zu. Dort werden auch Mehrfamilienhäuser entstehen. Eine Erweiterung des Baugebiets ist ebenso angedacht. Damit der Kindergarten nicht zu klein wird, hat die Gemeinde einen Plan. Sie hat ein Gebäude gekauft, das sich in Nähe zum Kinderhaus Pusteblume befindet. Wie das Zusammenwachsen funktionieren soll, ist offen. Die Umsetzung soll laut Rathauschef 2021 sein.
O„Was beschäftigt wer dende Eltern?“Dieser Frage gehen wir in unserer Familien Reihe morgen nach.