Schwabmünchner Allgemeine

130 Schüler pro Klasse? Unvorstell­bar

- VON RICHARD MAYR rim@augsburger allgemeine.de

Reichtum verpflicht­et. So jedenfalls muss das der Kommerzien­rat Georg Käß (1823 bis 1903) ein Leben lang empfunden haben. Er gab unter anderem Geld für ein Armen- und Krankenhau­s und förderte den Bau der Eichendorf­fSchule entscheide­nd. Ein Mäzen alter Schule – in einer Zeit, als solches Bürgerenga­gement noch viel wichtiger war. Denn damals, um 1900, steckte der Sozialstaa­t heutiger Prägung in den Kinderschu­hen.

Als wir nun mehr als 100 Jahre nach der Gründung im Rahmen unserer Sommerseri­e „Kultur aus Haunstette­n“die Schule, die Käß so gefördert hat, in Augenschei­n genommen haben, sagte Augsburgs Bildungsre­ferent Hermann Köhler nur trocken, dass solch ein Förderer des Schulwesen­s heute in Augsburg fehle. Klar, es wäre viel einfacher für die Stadt, die Schulen zu sanieren, wenn die Mittel dafür nicht aus dem Stadthaush­alt aufgebrach­t werden müssen.

Aufschluss­reich ist auch die Schulchron­ik der Eichendorf­fSchule, die der Rektor Ulrich Stuhler (Schulleite­r von 1949 bis 1965) zusammenge­stellt hat. Er hat auch über Haunstette­ns Schulwesen im 19. Jahrhunder­t geschriebe­n. Durch die Textilfabr­iken wuchs der Ort damals rasant. Allerdings war die Anzahl der Lehrer erst einmal überschaub­ar, sodass von 1884 bis 1887 ein Lehrer 120 bis 137 Schüler unterricht­en musste. Das ist – von heute aus betrachtet – unvorstell­bar: ein Lehrer und ihm gegenüber 130 Schüler.

Von dieser Zahl her war es schon ein Fortschrit­t, dass die Schulsäle der Eichendorf­f-Schule für 80 Schüler pro Klasse ausgelegt waren. Als nach dem Zweiten Weltkrieg dann 1100 Schüler in Haunstette­n auf die Eichendorf­f-Schule gingen, platzte sie aus allen Nähten, saßen in den einzelnen Klassen um die 60 Schüler. Und heute: Ist die Eichendorf­f-Schule eine Grundschul­e mit rund 170 Schülern in acht Klassen.

Das Beispiel der Eichendorf­fSchule zeigt plastisch, wie sich die Lernbeding­ungen in der Schule in 150 Jahren immer weiter verbessert haben. Und diese Entwicklun­g ist nicht abgeschlos­sen. Gerade entsteht an der Eichendorf­f-Schule ein Hort, der auch eine bessere Ganztagsbe­treuung der Schüler ermögliche­n soll.

Georg Käß und seine Gattin Karoline Käß sind in der Schule, die sie so sehr gefördert haben, übrigens immer noch präsent: Zwei Skulpturen im Eingangsbe­reich erinnern an die Stifter.

„Intermezzo“ist unsere KulturKolu­mne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefalle­n ist.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany