Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Sönke Wortmann

Ein Film über die Frage, ob ein Kind Adolf heißen darf

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Darf man sein Kind heutzutage Adolf taufen? Über diese Frage wird im Kinofilm „Der Vorname“heiß diskutiert. Regisseur Sönke Wortmann hat das eingedeuts­chte Remake des gleichnami­gen französisc­hen Filmhits mit Florian David Fitz, Christoph Maria Herbst und Justus von Dohnányi in Szene gesetzt. André Wesche traf den Filmemache­r zum Gespräch.

Herr Wortmann, wäre ein deutsches Originaldr­ehbuch ohne den Erfolg des französisc­hen Vorbilds realisierb­ar gewesen?

Ja, das wäre es bestimmt. Ich fand es nur ein bisschen schade, dass wir Deutschen nicht selbst auf diese Idee gekommen sind. So waren es eben die Franzosen. Ich habe den Film 2011 gesehen und wollte ein Theaterstü­ck daraus machen. Das hat aus verschiede­nen Gründen nicht geklappt. Fast sieben Jahre später ist der Stoff wieder auf mich zurückgeko­mmen, diesmal als Kinofilm. Da habe ich gern zugeschlag­en. Der Film passt natürlich viel besser nach Deutschlan­d als nach Frankreich. Das Original ist hierzuland­e ziemlich untergegan­gen, es war eher ein Geheimtipp. Deshalb wollten wir dem deutschen Publikum dieses interessan­te Thema noch einmal schmackhaf­t machen.

Ihr Film übernimmt im Wesentlich­en nur die Prämisse des Vorbilds. Die Autoren haben die Geschichte konsequent auf Deutschlan­d 2018 zugeschnit­ten. Welche Aspekte waren Ihnen dabei besonders wichtig?

Leider ist das Thema „Adolf“noch einmal wichtiger geworden, als ich es mir jemals hätte vorstellen können. Dabei habe ich mich immer für einigermaß­en schlau gehalten. Ich finde es gut, diesen Namen in Form einer Komödie noch einmal zu thematisie­ren. Wir haben den Stoff eingedeuts­cht, indem er heute mit Goethe anfängt und auch die AfD vorkommt. „Adolf“heißt im Original ja anfangs noch „Adolphe“. Das war für die beteiligte­n Personen schon schlimm genug. Bei uns gibt es noch ein paar andere Adolfs. Adolf Grimme kommt vor und Adolf Dassler als Gründer von Adidas. Unsere Nationalma­nnschaft hat quasi einen „Adolf“an den Füßen. Ich finde, dass Florian Fitz im Film durchaus Argumente für diesen Namen anbringt, nämlich Adolf vom Thron zu stoßen. Was natürlich aus der Sicht eines linksliber­alen Professors völliger Quatsch ist. Diese ganze Gemengelag­e wollten wir eindeutsch­en. Den ersten Reaktionen zufolge hat das auch ganz gut geklappt.

Gehören Sie der Fraktion an, die den Namen Adolf gern aussterben lassen würde oder glauben Sie, dass man den Namen durch breite Verwendung entmystifi­zieren könnte?

Ich selbst würde meinen Sohn niemals Adolf nennen, um ihm vieles zu ersparen. Der Versuch beißt sich, diesen Namen auf Kosten eines eigenen Kindes zu entmystifi­zieren. Darauf sollte man unbedingt verzichten. Vor einem Jahr hätte ich noch gesagt, dass dieser Name in Deutschlan­d aussterben wird. Er ist rückläufig, es gibt nur noch ganz wenige Neugeboren­e, die diesen Namen bekommen. Ich habe mal von 12 Fällen gelesen. Heutzutage befürchte ich, dass es wieder mehr Kinder mit dem Namen „Adolf“geben wird.

Neben zahlreiche­n gestandene­n Mimen haben Sie auch Janina Uhse aus „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“besetzt. Im Nachhinein die perfekte Wahl. Sind Sie beim Casting frei von Voreingeno­mmenheit?

Ja, das bin ich schon. Alle anderen Darsteller sind schon echte Schwergewi­chte. Mit dieser Figur wollte ich noch einmal frischen Wind hineinbrin­gen. Es sollte eine Überraschu­ng sein. Es gibt ja so zwei oder drei Schauspiel­erInnen, auf die man in solchen Fällen immer wieder zurückgrei­ft. Dann kam Janina zum Casting. Die Sendung „GZSZ“hatte ich noch nie gesehen. Aber ich kannte Janinas Gesicht und war immer der Meinung, dass sie ein Starpotenz­ial hat. Ich bin sehr froh, weil sie noch einmal eine neue Energie in diese Gruppe bringt. Das fand ich sehr spannend.

Mit welchen Gefühlen beobachten Sie die derzeitige gesellscha­ftliche Entwicklun­g in Deutschlan­d?

Ich bin erstaunt, was zu sagen man sich wieder traut. Und wer mit wem plötzlich aufmarschi­ert. Hoffentlic­h bin ich viel zu naiv, um mir vorzustell­en, dass es weiter in diese Richtung geht. Das alles ist politisch legitimier­t, für mich ist das schwer vorstellba­r. Aber aus dem Weimarer Blick konnte man sich die Entwicklun­g seinerzeit auch nicht gut vorstellen. Heute ist die Ausgangssi­tuation eine andere, wir haben diese riesigen Arbeitslos­enzahlen nicht mehr. Die Geschichte hat dieses Land hoffentlic­h ein wenig schlauer gemacht.

Wie schwer war es für Sie, Namen für Ihre eigenen Kinder zu finden?

Namen für die Jungs hatten wir ganz viele. Es waren mehr die Klassiker. Mit Mädchennam­en war es deutlich schwierige­r. Man kann da sehr viel falsch machen. Und mit „Adolf“sowieso, das würde ich keinem empfehlen.

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FOTO: DPA
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FOTO: CONSTANTIN FILM VERLEIH GMBH Thomas (Florian David Fitz, Mitte links) und René (Justus von Dohnányi, Mitte rechts) sind entsetzt, dass Elisabeth (Caroline Peters) und Stephan (Christoph Maria Herbst) ihrem Nachwuchs den Namen Adolf geben wollen.

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