Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Luca und die Unabsteigbaren
VLasogga Pierre-Michel
ielleicht hätte im T-Shirt kommen sollen, statt mit Jacke und Kappe. Vielleicht hätten die übereifrigen HSV-Ordner des Hamburger SV den unterarmtätowierten Stürmer und am Samstag verletzungsbedingt verhinderten Relegationshelden von 2014 dann erkannt. Als sich aber
Gian-Luca, genannt Luca Waldschmidt
mit seinem Tor in der 88. Minute zum 2:1 über Wolfsburg, seinem ersten Bundesligatreffer überhaupt, zum neuesten HSV-Helden aufschwang, wollte auch Lasogga mitfeiern. Also sprang er, genauso wie einige Fans, über die Absperrung – wurde aber von den Ordnern gestellt und eher unsanft vom Rasen geleitet. Immerhin: Ein anderer Ordner klärte das Missverständnis auf, Lasogga durfte mitjubeln. Einmal Held, immer Held.
110 Sekunden war Waldschmidt übrigens auf dem Rasen, als er dieses Tor erzielte, das zu einer Gefühlsexplosion bei allen mit der Raute im Herzen oder zumindest auf der Brust führte. „Ich habe den Ball gesehen und gedacht, der muss rein“, sagte der Stürmer. Trainer Markus Gisdol hatte ihm vor der Einwechslung gesagt: „Geh rein, du machst das Ding!“. Vorahnung? Oder eben das, was man einem jungen Mittelstürmer eben so sagt, wenn man ihn in eigentlich aussichtsloser Situation einfach mal ins kalte Wasser wirft? Wie auch immer. Zutreffend war jedenfalls des Trainers folgende Analyse: „Nach dem zehnten Spieltag waren wir tot, erledigt, hatten nur zwei Punkte auf dem Konto. Das hat noch keiner geschafft. Wir aber haben uns zusammengerauft und wollten die Geschichtsbücher neu schreiben. Das haben wir geschafft.“Da kann man den Nicht-Abstieg der Unabsteigbaren wohl schon einmal wie eine Meisterschaft feiern. Wobei, etwas übertrieben wirkte es schon, als Verteidiger Mergim Mavraj im Überschwang meinte: „Wir haben mit dem Team ein Wunder geschafft. Niemand hat mehr auf uns einen Pfifferling gesetzt. Für uns alle ist das der Höhepunkt unserer Karrieren.“
Mario Gomez
hat in seiner Karriere schon einige Höhepunkte gehabt, dieser 20. Mai 2017 wird nicht dazugehören. Der aus Unlingen stammende So wird man zum Helden: 110 Sekunden nach seiner Einwechslung jubelt Luca Waldschmidt über sein Tor zum 2:1 Stürmer und seine nicht minder gut bezahlten Kollegen vom VfL Wolfsburg müssen nach dem LastMinute-Gegentreffer durch die Knochenmühle Relegation. Und das auch noch gegen den niedersächsischen Rivalen Eintracht Braunschweig. „Ich bin ein bisschen sprachlos“, sagte Gomez, „wir sind aber nicht abgestiegen. Wir haben noch zwei Spiele gegen einen Zweitligisten. Bei aller Liebe – das müssen wir schaffen.“Auch Coach gab sich trotz der „Riesen-Enttäuschung“kämpferisch: „Wir kriegen das noch hin.“Bei aller Liebe: Die Sympathien in Fußballdeutschland dürften dennoch klar verteilt sein.
Andries Jonker
Weitaus mehr Fußball-Liebhaber werden dem 1. FC Köln die Rückkehr in den Europacup nach 25 Jahren gönnen. Platz fünf zum Saisonabschluss fühlte sich für die Kölner an wie ein Titelgewinn, „wo ist die Schale?!“, grölten die Spieler in den Katakomben. der vielleicht größte FC-Fan überhaupt, jubelte auf der Tribüne mit über den Coup, den er nie geschafft hat, als er noch beim FC kickte. Diesen Moment hat ganz Köln verdient! Ich habe so viele Tränen vor Freude gesehen – das ist mehr wert als jeder Titel“, schrieb er bei Twitter. Vater des Erfolgs, darin waren sich eigentlich alle einig, war einer, der nicht nur aus Österreich stammt, sondern auch den Schmäh eines Österreichers hat. Doch Trainer haben sie längst eingemeindet in Köln. Und am Samstag dann auch eingekölscht.
Lukas Podolski, Peter Stöger