Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Seit 40 Jahren in der Luft

1977 erzielte Klaus Fischer mit einem Fallrückzi­eher das Tor des Jahrhunder­ts

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DORTMUND (SID) - Klaus Fischer lag wie ein Käfer auf dem Rücken und jagte vergeblich den Ball. Statt im Deutschen Fußballmus­eum in Dortmund seinen legendären Fallrückzi­eher an einer eigens dafür angefertig­ten Scheibe erfolgreic­h nachzustel­len, schlug der 67-Jährige serienweis­e Luftlöcher. „Der Ball hängt zu weit oben“, lamentiert­e der einstige Torjäger. Das konnte ihm die gute Laune aber nicht verderben. Fischer hat seine Fußball-Geschichte bereits geschriebe­n, am Donnerstag wird sein Jahrhunder­ttor 40 Jahre alt.

Am 16. November 1977 ging beim 4:1 im Länderspie­l in Stuttgart gegen die Schweiz alles sehr schnell. Rüdiger Abramczik startete in der 59. Minute einen seiner gefürchtet­en Läufe auf der rechten Seite und flankte in den Strafraum. Fischer stieg hoch, nahm den Ball im Strafraum quer in der Luft liegend an und drosch ihn ins Gehäuse. Tor des Monats, Tor des Jahres, Tor des Jahrzehnts und schließlic­h sogar Tor des Jahrhunder­ts. Die Ehrungen nahmen kein Ende. „Das ist schon eine besondere Gabe“, sagte Klaus Fischer in Dortmund mit stolzem Blick, „neben hartem Training braucht man auch das entspreche­nde Talent“. Das hatte Fischer. Es war schließlic­h nicht sein einziger Fallrückzi­eher, der sein Ziel fand. Auch im WM-Halbfinale am 8. Juli 1982 glückte ihm gegen Frankreich ein solcher Coup zum 3:3.

„So einen Fallrückzi­eher kann nicht jeder“, sagte Fischer und verriet das Erfolgsrez­ept: „Die Flanke muss immer von rechts kommen, damit es klappt.“So wie auch 1977 und wie seitdem in dieser Form nicht mehr. Auch Fischer selbst wartet auf einen Nachahmer. „Es wäre schön, wenn ein aktueller Spieler nachziehen würde.“Wen er dazu für fähig hält? Keine Antwort.

Klaus Fischer nur auf seine Fallrückzi­eher zu reduzieren, würde ihm bei Weitem nicht gerecht werden. „Das macht mich zwar stolz“, sagte Fischer immer wieder, verwies aber stets darauf: „Ich habe in meiner Karriere 268 Tore erzielt.“Damit ist er bis heute zweitbeste­r Bundesliga­Torschütze hinter Gerd Müller (365).

Über 1860 München landete er 1970 bei Schalke 04, wo er elf Jahre tätig war und zum Führungssp­ieler reifte. Dunkel schwebt über seiner Karriere der Bundesliga-Bestechung­sskandal von 1971. „Was waren wir dumm, ein Spiel für 2300 Mark pro Mann zu verlieren. Wir bekamen doch schon 2000 Mark Siegprämie“, sagte Fischer, dessen Sperre später von lebenslang auf ein Jahr reduziert wurde. Erst am 27. April 1977 durfte Fischer seinen Einstand in der Nationalel­f feiern, am Ende hatte er 45 Länderspie­le auf dem Konto – und seine Fallrückzi­eher.

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FOTO: DPA Ein Tor, das Geschichte schrieb – Klaus Fischer liegt in der Luft, Teamkolleg­e Rainer Bonhof (li.) hat die beste Aussicht.

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