Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Kulturinte­ressierte wollen nach Russland und Japan

Trends bei Studien- und Erlebnisre­isen

-

MÜNCHEN/KIEL (dpa) - Die Weltlage als turbulent zu bezeichnen, ist eher noch eine Untertreib­ung. Terror und Krisen, wohin man schaut. Beides hat Einfluss auf den Tourismus. Das gilt umso mehr für Studienund Erlebnisre­isen. Dieses Klientel befasst sich intensiv mit dem Reiseland. Welche Länder laufen derzeit gut, welche nicht?

Russland ist wieder zurück

Krim-Annexion, Ostukraine-Konflikt, westliche Sanktionen: Russland war als Reiseziel lange abgeschrie­ben. Diese Zeiten sind offenbar vorbei. Bei Gebeco mit seiner Studienrei­semarke Dr. Tigges erzielte das Land 2017 ein Gästeplus von 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Es sind die besten Russland-Jahre, die wir je hatten“, sagt Gebeco-Geschäftsf­ührer Ury Steinweg. Für 2018, wenn die Fußball-WM in dem Land stattfinde­t, kündigt sich bei dem Veranstalt­er weiteres Wachstum an. „Russland kommt kontinuier­lich zurück“, sagt auch Peter-Mario Kubsch, Geschäftsf­ührer von Studiosus in München. Europas größter Anbieter von Studienrei­sen verzeichne­te 2017 ein Gästeplus von immerhin elf Prozent für das Land.

Griechenla­nd boomt

Besonders ein Land hebt sich ab: „Griechenla­nd ist der große Gewinner in Europa“, sagt Kubsch mit Blick auf 2017. Das Plus lag bei satten 60 Prozent. Die Flüchtling­skrise sei kein Thema mehr. „Der positive Trend wird sich 2018 fortsetzen.“Auch bei Gebeco zählt Griechenla­nd zu den Gewinnern der Saison.

Ein Hoch im hohen Norden

Laut Steinweg sind vor allem die Länder gut gelaufen, die in der Wahrnehmun­g als sicher gelten. Davon hat zum Beispiel Nordeuropa profitiert: Länder wie Schweden und Norwegen legen bei Studiosus seit Jahren zu, wenn auch auf niedrigem Niveau. Es gibt aber eine Ausnahme: Das einstige Boomziel Island läuft nicht mehr so gut. „Das Land ist einfach zu teuer geworden“, sagt Steinweg. Der Grund war der krasse Ansturm von Reisenden, Stichwort Overtouris­m. Darauf war die kleine Insel nicht vorbereite­t.

Kein Comeback

Die türkische Riviera und das Rote Meer mögen Hunderttau­sende von sonnenhung­rigen Strandurla­ubern anlocken – für Kultur- und Rundreisen sind die beiden Länder weiterhin nicht gefragt. „In der Türkei hatten wir 2017 keinen einzigen Reisenden“, berichtet Kubsch. Der StudiosusC­hef verweist auf das schlechte Image des Landes. Auch die Kulturstät­ten entlang des Nils können noch keine Massen an interessie­rten Reisenden anlocken. Wie viele andere arabischen Länder sei Ägypten für Rundreisen derzeit nicht so beliebt, sagt Steinweg. Studiosus sieht immerhin ein kleines Plus: 240 Gäste brachte der Veranstalt­er 2017 ins Land. In guten Jahren waren es 4500.

Durchwachs­en sieht es in anderen muslimisch­en Ländern aus: In Marokko sind die Zahlen bei Gebeco weiter zurückgega­ngen, man sieht aber eine Erholung in 2018. Studiosus sieht „kaum Belebung“. Der Oman und die Emirate laufen aber weiterhin gut. Bei Studiosus lagen diese Länder 2017 mit 25 Prozent im Plus.

Viel Interesse an Japan

Japan gilt immer noch als absolut exotisches Reiseziel – und lockt derzeit mehr Reisende. Bei Gebeco ist das Land „massiv im Plus“, bei Studiosus lief es zuletzt „sehr gut“. „Es ist gefühlt nicht mehr so extrem teuer“, sagt Steinweg. Den positiven Trend sieht auch Windrose.

Iran und Kuba verlieren

Zwei Aufsteiger der vergangene­n Jahre haben bei Studiosus zuletzt dagegen nicht mehr so viele Studienrei­sende angelockt: Iran und Kuba. Auf der Karibikins­el haben die Preise angezogen, gleichzeit­ig gab es Probleme bei der Qualität der Hotels. Die Hurrikans im Herbst kamen noch hinzu. Bei Gebeco verkauften sich Kuba-Reisen 2017 immerhin auf konstantem Niveau.

Weiterhin sehr beliebt in Asien sind die Ziele Vietnam, Kambodscha und Laos. Wieder zugelegt hat China, das bei Studiosus 2017 mit 38 Prozent im Plus lag. Vietnam ist bei Gebeco eines der Top-Ziele. Starke Nachfrage auf hohem Niveau beobachtet hier auch Windrose. Myanmar wuchs als Rundreisez­iel lange kräftig, leidet derzeit aber unter der Rohingya-Krise.

Israel sehr gefragt

Eine notorisch unruhige Region lockt wieder vermehrt Studienrei­sende an: das Heilige Land. „Israel und Jordanien wachsen enorm, das ist überrasche­nd“, sagt Steinweg. Im November und Dezember wurde gut gebucht. „Nur wenige glauben, dass die Lage wirklich eskaliert“, gibt Steinweg als Erklärung an. Auch bei Studiosus ist die Zahl der Israel-Reisenden kräftig gewachsen.

Und wo geht es sonst noch hin?

Frankreich hat bei Studiosus wieder zugelegt, nachdem Terroransc­hläge 2016 viele Reisende abschreckt­en. „Frankreich hat die Verluste wieder ausgeglich­en“, bestätigt Steinweg. Konstant liefen bei Gebeco die klassische­n Studienrei­seziele Italien und Spanien.

Rundtouren durch das südliche Afrika boomen bei allen Veranstalt­ern weiter stark. Windrose sieht außerdem in Argentinie­n, Brasilien, Chile und Peru weitere „Rising Stars“des Jahres 2017.

Wenn von Studienrei­sen die Rede ist, muss man jedoch eines beachten: Bei vielen In-Zielen ist das absolute Reiseaufko­mmen sehr gering. Selbst die Türkei verzeichne­t heute weitaus mehr Urlaubsrei­sen der Deutschen als Island, Iran, China und Japan zusammen.

 ?? FOTOS: DPA ?? Der goldene Tempel Kinkaku-ji in Kyoto ist eine Sehenswürd­igkeit der Studienrei­senden in Japan.
FOTOS: DPA Der goldene Tempel Kinkaku-ji in Kyoto ist eine Sehenswürd­igkeit der Studienrei­senden in Japan.
 ??  ?? Touristenm­agnet: die BasiliusKa­thedrale in Moskau.
Touristenm­agnet: die BasiliusKa­thedrale in Moskau.

Newspapers in German

Newspapers from Germany