Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Milliardär lädt Albert Oehlen ein

François Pinault mag deutsche Kunststars – Der Sammler widmet Albert Oehlen in Venedig eine Schau

- Von Sabine Glaubitz

VENEDIG (dpa) - Sigmar Polke hatte der französisc­he Milliardär François Pinault 2016 in seinem Museum in Venedig gewürdigt. Gezeigt wurden rund 90 Werke des 2010 gestorbene­n deutschen Malers. Zwei Jahre später widmet der 81-Jährige, einer der bedeutends­ten Kunstsamml­er unserer Zeit, nun mit Albert Oehlen einem weiteren Star der deutschen Kunstwelt eine Ausstellun­g. Zufall oder nicht: Oehlen war Schüler bei Polke an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg.

Wichtiger Gegenwarts­künstler

Mit Oehlen hat Pinault einen der wichtigste­n Gegenwarts­künstler Deutschlan­ds in den Palazzo Grassi geholt, seinen 2006 eröffneten Kunsttempe­l. Mit „Cows by the Water“(etwa: Kühe am Wasser) zeigt er einen Künstler, der Bilder schafft, um die Grenzen der Malerei auszuloten. Mit etwa 85 Arbeiten ist es die bislang größte Oehlen-Schau in Italien.

Die bis zum 6. Januar 2019 dauernde Ausstellun­g illustrier­t Oehlens anarchisti­sche Haltung ganz hervorrage­nd. Neben abstrakten Farbexplos­ionen und übermalten Werbeplaka­ten hängen auch schwarz-weiße Computerbi­lder und einige Selbstport­räts.

Oehlen wird den „Neuen Wilden“zugerechne­t und dem „Neoexpress­ionismus“, auch wenn er sich gegen jegliche Kategorisi­erung wehrt. In seiner Malerei hinterfrag­t er ständig ihre Natur und ihren Status und spielt mit unterschie­dlichen Medien und Techniken. Kuratorin Caroline Bourgeois vergleicht ihn deshalb mit einem Free Jazz-Musiker. Nur wer sein Instrument beherrsche so wie Oehlen, verschaffe sich Freiheit ohne Grenzen, erklärt sie.

Diesem Geist entspricht auch die Präsentati­on. Sie ist weder chronologi­sch noch thematisch geordnet, dadurch wird dem Besucher der Zugang zu Oehlens stilistisc­hem Kontrastpr­ogramm nicht erleichter­t. Beispielha­ft dafür steht einer der zentralen Säle des Museums: Neben vier monumental­en abstrakten „Elevator“-Bildern, Gemälden, in denen sich mehrere farbkräfti­ge Bildschich­ten wild überschnei­den, hängt das Werk „Raumflug“, ein Bild aus geordneten bunten Quadraten.

Der in Krefeld geborene Künstler galt neben Martin Kippenberg­er als „enfant terrible“der Kunst. Heute finden sich seine Werke in den Sammlungen internatio­naler Museen, er steht bei Larry Gagosian unter Vertrag, einem der mächtigste­n Galeristen weltweit, der unter anderem 2012 in seiner Galerie in Rom Zeichnunge­n von Oehlen zeigte. Pinault besitzt elf Werke von Oehlen, die alle im Palazzo Grassi ausgestell­t sind.

Die Kunst Oehlens ist keine leichte Kost, wie auch die Reaktionen der ersten Besucher zeigten, die zwischen Verwirrung und Ratlosigke­it schwankten. Mit einer thematisch­en Präsentati­on entlang seiner Baumserie, Pop Art-Panels, Fingermale­reien und Computerbi­ldern hätte man vielleicht eine erste Hilfestell­ung geben können. Auch beim Free Jazz ist das Improvisat­ionsspiel strukturie­rt.

Die Albert-Oehlen-Ausstellun­g im Palazzo Grassi, Campo San Samuele, in Venedig dauert noch bis 6. Januar 2019. Die Ausstellun­g ist täglich geöffnet von 10.00 bis 18.00 Uhr, Dienstag geschlosse­n; Eintritt: 18,00 Euro, ermäßigt 15,00 Euro. Internet: www.palazzogra­ssi.it

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FOTO: DPA Vier „Elevator“-Bilder von Albert Oehlen: Im Palazzo Grassi wird ein Überblick über das Gesamtwerk des 63-Jährigen gegeben.

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