Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Auf die Radreise folgt die Bulli Tour

Salemer Fotograf fährt mit seiner Freundin und Hund Oskar im VW-Bus durch Europa

- Von Patrick Scholz

SALEM - Der Salemer Fotograf Patrick Scholz fährt gemeinsam mit seiner Freundin Lisa Nuber und Hund Oskar im VW-Bus durch Europa. Von unterwegs unterstütz­en sie auf verschiede­ne Weise soziale Projekte. In regelmäßig­en Abständen berichten sie in der Schwäbisch­en Zeitung von ihren Erlebnisse­n. Die erste Etappe führt die beiden vom Bodensee über Tschechien und Hamburg nach Dänemark.

Im April vergangene­n Jahres ist Patrick Scholz von einer zweijährig­en Radreise vom Bodensee bis Indonesien zurückgeke­hrt. Das „wieder einleben“gestaltete sich schwierige­r als gedacht und so entstanden bereits kurze Zeit nach seiner Rückkehr neue Pläne für eine gemeinsame Reise mit Freundin Lisa und Hund Oskar quer durch Europa. Im Frühjahr dieses Jahres sollte es losgehen.

Wir fühlen uns in der Zeit zurückvers­etzt. Wie bereits vor Patricks Radreise muss eine Menge organisier­t werden, doch dann ist es endlich so weit: Der Job hängt wieder am Nagel, die Wohnung ist wieder aufgegeben. Nur einen Unterschie­d gibt es – das Auto wird nicht abgemeldet. Diesmal fällt die Wahl des Reisegefäh­rts auf unseren alten VW-Bus in dem wir nun Europa erkunden wollen. Kaum fahren wir vom Bodensee über Regensburg nach Tschechien, geschieht etwas Merkwürdig­es. Wir sind unterwegs und doch fühlen wir uns auf einmal zuhause. Wir fühlen uns frei.

Gelöst von der Hektik des Alltags und von all dem Besitz der uns zuhause umgibt, sind wir froh, wieder reduziert zu leben. Unser Leben ist auf einen Schlag wieder überschaub­ar. Wir haben von allem weniger, dafür haben wir wieder pure Lebenszeit. Wir müssen plötzlich keine Miete mehr bezahlen und auch die restlichen Lebenshalt­ungskosten reduzieren sich so weit, dass wir unser Leben bequem mit Straßenmus­ik und -akrobatik finanziere­n können.

Zwei Dinge, die Patrick bereits auf seiner Radreise gelernt hat, werden uns ganz schnell wieder bewusst. Erstens: Besitz belastet. Zweitens: Alles Geld, das ich nicht ausgebe, muss ich auch nicht verdienen, dafür bekomme ich das höchste Gut – Lebenszeit. So verbringen wir wunderschö­ne Tage in Tschechien­s Wäldern und erkunden ein riesiges Bouldergeb­iet bei Pilsen.

Als wir auf dem Weg nach Dresden wieder die deutsche Grenze passieren, finden wir uns mitten in der Sächsische­n Schweiz wieder. Bei einer ausgedehnt­en Gassi-Runde mit Oskar beginnt Patricks Fotografen­herz langsam Saltos zu schlagen. Die atemberaub­ende Natur mit ihren zahllosen Hügeln und Felsformat­ionen zieht uns immer mehr in ihren Bann. Am Schluss sind wir so begeis- tert, dass wir, beide überzeugte Langschläf­er, unseren Wecker auf 3.30 Uhr stellen, um die malerische Basteibrüc­ke in den ersten Sonnenstra­hlen zu fotografie­ren.

Weiter geht es für uns über Hamburg nach Dänemark. Von Anfang an fühlen wir uns hier wahnsinnig wohl und beschließe­n, das Land rundum zu bereisen. So verbringen wir nicht nur viele Stunden beim Wellenreit­en in Klitmöller, sondern besteigen auch Dänemarks höchsten Berg, welcher sich gerade mal 171 Meter über den Meeresspie­gel erhebt.

Trotz der wunderschö­nen Zeit haben wir in Dänemark erstmals mit einem Problem zu kämpfen. In jeder größeren Stadt versuchen wir mit Straßenmus­ik und Handstanda­krobatik unsere Reisekasse wieder zu befüllen, doch seit wir über die dänische Grenze gefahren sind, landet kaum noch eine Münze in unserem Hut. Lange zweifeln wir an unserem Können und vermuten letztlich, dass Straßenkun­st in der dänischen Kultur einfach keinen Anklang findet. Später wird uns der eigentlich­e Grund jedoch von einem netten vorbeilauf­enden Passanten erklärt:

In Dänemark besitzt kaum noch jemand Bargeld. Alles wird entweder mit Kreditkart­e oder einer Smartphone-App bezahlt. Als er uns dann noch erzählt, dass das Bargeld bereits in ganz Skandinavi­en eine Seltenheit ist, wird uns bewusst, dass unser Plan, eine Reise durch Straßenkun­st zu finanziere­n, in Nordeuropa vor eine große Herausford­erung stellen wird. Hoffen wir, dass es in Schweden und Norwegen wieder einfacher wird, sonst könnte unsere Reise ganz anders als geplant verlaufen.

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FOTO: PATRICK SCHOLZ In Aalborg in Dänemark versuchen Lisa Nuber und Patrick Scholz, mit Straßenkun­st Geld zu verdienen.

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