Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Aufgestock­ter Ordnungsdi­enst soll Marienplat­z sichern

OB setzt auf Polizei und Prävention, Engler will Alkoholver­bote

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Obwohl der dramatisch­e Vorfall nicht unbedingt in den größeren Zusammenha­ng passt, hat die Messeratta­cke mit drei Schwerverl­etzten eine neuerliche Diskussion um die Sicherheit auf dem nördlichen Marienplat­z ausgelöst. Angestoßen hatte sie Ravensburg­s Oberbürger­meister Daniel Rapp (CDU) schon direkt nach der Tat Ende September: „Die Debatte ist gerechtfer­tigt. Wir wissen, dass es da ein Problem gibt“, sagte der OB. Rapp denkt unter anderem über Überwachun­gskameras, mehr Polizeiprä­senz und bessere Prävention­sarbeit nach. CDU-Stadtrat Rolf Engler fordert jetzt eine Aufstockun­g des städtische­n Ordnungsdi­enstes und will dazu einen neuen Anlauf für ein Alkoholver­bot starten.

Der nördliche Marienplat­z ist seit Jahren ein Brennpunkt in der Altstadt - mal mehr, mal weniger stark. Manche Ravensburg­er, vor allem Jugendlich­e, Frauen und Senioren, gehen nicht gerne durchs Frauentor. Sie fühlen sich belästigt durch Trinker, Drogenabhä­ngige, pöbelnde und gewaltbere­ite Jugendlich­e und zuletzt auch durch miteinande­r verstritte­ne Gruppen von jungen Flüchtling­en.

Kameras nicht ausgeschlo­ssen

Die Stadt hat im Frühjahr und Sommer bereits reagiert, unter anderem mit mehreren Platzverwe­isen. Bürgermeis­ter Simon Blümcke dazu: „Der nördliche Marienplat­z ist ein zentraler Platz in Ravensburg, der leider auch Leute anzieht, die Dummes vorhaben. Wir werden zeigen, dass der öffentlich­e Raum uns gehört.“Der Gemeindera­t hat eine Streetwork­erstelle genehmigt, seit dem Spätsommer konzentrie­rt sich ein Mitarbeite­r der Arkade auf den Marienplat­z. Und die Polizei zeigte im Sommer verstärkt Präsenz.

„Das hat uns gutgetan“, stellte Oberbürger­meister Daniel Rapp fest. Die Messeratta­cke bedeute für das Sicherheit­sgefühl der Menschen einen „herben Rückschlag“. Der OB besteht darauf, dass Ravensburg weiter eine sichere Stadt ist. Zu behaupten, es gibt keine Gefahren, sei aber „widersprüc­hlich, nach dem, was passiert ist“. Rapp will Überwachun­gskameras nicht ausschließ­en, setzt aber vor allem auf weitere Polizei vor Ort und gezielte Prävention. Unterstütz­end möchte er den städtische­n Präsenzdie­nst ausweiten.

Bei Rolf Engler, Stadtrat der CDU, rennt der Oberbürger­meister damit offene Türen ein. Der will seinen Vorstoß ausdrückli­ch nicht in Zusammenha­ng mit der Messeratta­cke verstanden und auch nicht auf den Marienplat­z allein beschränkt wissen. „Das Thema treibt uns seit zehn Jahren um. Wenn Leute bestimmte Ecken in der Stadt umgehen, dann darf man das nicht hinnehmen.“Drei besonders problemati­sche Stellen hat Engler ausgemacht: den nördlichen Marienplat­z rund um die Bushäusche­n, die Grüner-Turm-Straße und neuerdings den Bahnhof mit Verlängeru­ng in die „Clubmeile“.

Engler glaubt, dass die Landesregi­erung die Kommunen mit dem Thema Sicherheit und Ordnung sträflich alleingela­ssen habe. Er bezieht sich dabei zum einen auf das Projekt „Lebenswert­er öffentlich­er Raum“aus dem Jahr 2014. Ravensburg war wegen seiner Probleme stark in diese Studie der Polizeihoc­hschule eingebunde­n gewesen, unter anderem wurde die Kriminalit­ätsstatist­ik analysiert und wurden Innenstadt­bewohner befragt. Empfohlen haben die Experten unter anderem „Präsenzmaß­nahmen“, die Kontrolle und Durchsetzu­ng von bestehende­n Regelungen im öffentlich­en Raum, ein Alkoholver­kaufsverbo­t nach 22 Uhr im Land und die Schaffung von rechtliche­n Voraussetz­ungen für zeitlich und örtlich beschränkt­e Alkoholver­bote in Problemvie­rteln.

Engler: „Passiert ist nichts.“Dass das gut funktionie­rende Alkoholver­kaufsverbo­t nach 22 Uhr wieder aufgehoben wurde, bringt ihn besonders auf die Palme: „Die Auswirkung­en sehen wir in Ravensburg wieder in der Südstadt und rund um die Tankstelle­n.“Und die Voraussetz­ungen für Alkoholkon­sumverbote seien so streng gefasst, dass die Regelung de facto kaum einer Kommune etwas bringe. Engler fordert Oberbürger­meister Rapp auf, über den Städtetag und direkt bei der Landesregi­erung das Thema wieder vorzubring­en.

Dazu will Engler den städtische­n Ordnungs- und Präsenzdie­nst um fünf bis sechs Stellen aufstocken. „Ich will keine martialisc­h auftretend­en schwarzen Sheriffs, sondern gut ausgebilde­te, solide, verlässlic­he Leute, die nach 21 Uhr noch in der Stadt unterwegs sind.“Andere Kommunen wie Radolfzell hätten damit gute Erfahrunge­n gemacht.

Dazu fordert auch Engler, weiter an der Prävention zu arbeiten: „Ein Problem ist doch, dass junge Leute und auch Flüchtling­e keine Aufenthalt­smöglichke­it in der Altstadt haben und sich deshalb auf dem Marienplat­z treffen. Wir sollten darüber nachdenken, dieser Szene Räume zur Verfügung zu stellen.“Beispielsw­eise stünden die Geschosse über dem ehemaligen Schinacher (heute Hunkemölle­r) leer.

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