Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Aufgestockter Ordnungsdienst soll Marienplatz sichern
OB setzt auf Polizei und Prävention, Engler will Alkoholverbote
RAVENSBURG - Obwohl der dramatische Vorfall nicht unbedingt in den größeren Zusammenhang passt, hat die Messerattacke mit drei Schwerverletzten eine neuerliche Diskussion um die Sicherheit auf dem nördlichen Marienplatz ausgelöst. Angestoßen hatte sie Ravensburgs Oberbürgermeister Daniel Rapp (CDU) schon direkt nach der Tat Ende September: „Die Debatte ist gerechtfertigt. Wir wissen, dass es da ein Problem gibt“, sagte der OB. Rapp denkt unter anderem über Überwachungskameras, mehr Polizeipräsenz und bessere Präventionsarbeit nach. CDU-Stadtrat Rolf Engler fordert jetzt eine Aufstockung des städtischen Ordnungsdienstes und will dazu einen neuen Anlauf für ein Alkoholverbot starten.
Der nördliche Marienplatz ist seit Jahren ein Brennpunkt in der Altstadt - mal mehr, mal weniger stark. Manche Ravensburger, vor allem Jugendliche, Frauen und Senioren, gehen nicht gerne durchs Frauentor. Sie fühlen sich belästigt durch Trinker, Drogenabhängige, pöbelnde und gewaltbereite Jugendliche und zuletzt auch durch miteinander verstrittene Gruppen von jungen Flüchtlingen.
Kameras nicht ausgeschlossen
Die Stadt hat im Frühjahr und Sommer bereits reagiert, unter anderem mit mehreren Platzverweisen. Bürgermeister Simon Blümcke dazu: „Der nördliche Marienplatz ist ein zentraler Platz in Ravensburg, der leider auch Leute anzieht, die Dummes vorhaben. Wir werden zeigen, dass der öffentliche Raum uns gehört.“Der Gemeinderat hat eine Streetworkerstelle genehmigt, seit dem Spätsommer konzentriert sich ein Mitarbeiter der Arkade auf den Marienplatz. Und die Polizei zeigte im Sommer verstärkt Präsenz.
„Das hat uns gutgetan“, stellte Oberbürgermeister Daniel Rapp fest. Die Messerattacke bedeute für das Sicherheitsgefühl der Menschen einen „herben Rückschlag“. Der OB besteht darauf, dass Ravensburg weiter eine sichere Stadt ist. Zu behaupten, es gibt keine Gefahren, sei aber „widersprüchlich, nach dem, was passiert ist“. Rapp will Überwachungskameras nicht ausschließen, setzt aber vor allem auf weitere Polizei vor Ort und gezielte Prävention. Unterstützend möchte er den städtischen Präsenzdienst ausweiten.
Bei Rolf Engler, Stadtrat der CDU, rennt der Oberbürgermeister damit offene Türen ein. Der will seinen Vorstoß ausdrücklich nicht in Zusammenhang mit der Messerattacke verstanden und auch nicht auf den Marienplatz allein beschränkt wissen. „Das Thema treibt uns seit zehn Jahren um. Wenn Leute bestimmte Ecken in der Stadt umgehen, dann darf man das nicht hinnehmen.“Drei besonders problematische Stellen hat Engler ausgemacht: den nördlichen Marienplatz rund um die Bushäuschen, die Grüner-Turm-Straße und neuerdings den Bahnhof mit Verlängerung in die „Clubmeile“.
Engler glaubt, dass die Landesregierung die Kommunen mit dem Thema Sicherheit und Ordnung sträflich alleingelassen habe. Er bezieht sich dabei zum einen auf das Projekt „Lebenswerter öffentlicher Raum“aus dem Jahr 2014. Ravensburg war wegen seiner Probleme stark in diese Studie der Polizeihochschule eingebunden gewesen, unter anderem wurde die Kriminalitätsstatistik analysiert und wurden Innenstadtbewohner befragt. Empfohlen haben die Experten unter anderem „Präsenzmaßnahmen“, die Kontrolle und Durchsetzung von bestehenden Regelungen im öffentlichen Raum, ein Alkoholverkaufsverbot nach 22 Uhr im Land und die Schaffung von rechtlichen Voraussetzungen für zeitlich und örtlich beschränkte Alkoholverbote in Problemvierteln.
Engler: „Passiert ist nichts.“Dass das gut funktionierende Alkoholverkaufsverbot nach 22 Uhr wieder aufgehoben wurde, bringt ihn besonders auf die Palme: „Die Auswirkungen sehen wir in Ravensburg wieder in der Südstadt und rund um die Tankstellen.“Und die Voraussetzungen für Alkoholkonsumverbote seien so streng gefasst, dass die Regelung de facto kaum einer Kommune etwas bringe. Engler fordert Oberbürgermeister Rapp auf, über den Städtetag und direkt bei der Landesregierung das Thema wieder vorzubringen.
Dazu will Engler den städtischen Ordnungs- und Präsenzdienst um fünf bis sechs Stellen aufstocken. „Ich will keine martialisch auftretenden schwarzen Sheriffs, sondern gut ausgebildete, solide, verlässliche Leute, die nach 21 Uhr noch in der Stadt unterwegs sind.“Andere Kommunen wie Radolfzell hätten damit gute Erfahrungen gemacht.
Dazu fordert auch Engler, weiter an der Prävention zu arbeiten: „Ein Problem ist doch, dass junge Leute und auch Flüchtlinge keine Aufenthaltsmöglichkeit in der Altstadt haben und sich deshalb auf dem Marienplatz treffen. Wir sollten darüber nachdenken, dieser Szene Räume zur Verfügung zu stellen.“Beispielsweise stünden die Geschosse über dem ehemaligen Schinacher (heute Hunkemöller) leer.