Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Erfolgreic­h ruhig

Heidenheim oben, Aalen unten – das Kontrastpr­ogramm der Profifußba­ller auf der Ostalb – Ein Report

- Von Benjamin Post

AALEN/HEIDENHEIM - „Das war es.“Diese drei einfachen Worte, in denen doch so viel steckt, waren in der Ostalb Arena nicht nur einmal zu hören. Diese jüngste, bittere 1:2-Niederlage gegen den SV Meppen in der Nachspielz­eit traf die Fans des VfR Aalen bis ins Mark. War es das mit dem Drittliga-Fußball auf der Ostalb, die sich pünktlich zum vermeintli­chen Niedergang des aktuellen Schlusslic­htes aus Aalen wieder von ihrer rauen Seiten im Dauerregen zeigte? Nun gut, es sind noch 16 Spiele zu spielen und es gab schon andere Rettungen im deutschen Profifußba­ll.

Szenenwech­sel. Rund 20 Kilometer weiter südlich. Von Rettung keine Spur. Eher von Glückselig­keit, dort oben auf dem Schlossber­g. Beim Ostalb-Rivalen 1. FC Heidenheim läuft es. Besonders in dieser, seiner fünften Saison in der 2. Bundesliga. Vor dem Topspiel an diesem Samstag in der heimischen Voith Arena gegen den Hamburger SV gab es schon einmal die nächste gute Nachricht – dass der FCH Anfang April im DFBPokal-Viertelfin­ale beim deutschen Rekordmeis­ter Bayern München antreten darf, ließ die höchstklas­sigen Fußballer von der Ostalb jubeln.

FCH-Vorstandsv­orsitzende­r Holger Sanwald, einer der Macher in Heidenheim, erfuhr von dem Los auf der Autobahn, bei der Rückfahrt vom 2:1-Sieg in Darmstadt. „Das Spiel gegen Bayern ist für uns ein Highlight. Das Bayern-Spiel interessie­rt uns aber erst einmal nicht, erst einmal interessie­rt uns das Spiel gegen den HSV“, sagt Sanwald im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er, der sich natürlich freute – aber ruhig bleibt.

Mit Kontinuitä­t und Ruhe hat sich der FCH in den zurücklieg­enden Jahren nach oben gearbeitet. Man braucht sich nur die Trainerpos­ition anschauen: elf Jahre Frank Schmidt, der Dauerbrenn­er im deutschen Profifußba­ll. Im Vergleich: Der nunmehr fußballeri­sch kleine Nachbar aus der größeren Stadt Aalen sucht binnen eines Jahres den dritten Trainer. Dem 1:2 gegen Meppen folgte die Entlassung von Argirios Giannikis, der erst im Sommer mit neuem Konzept begann, die Aalener fußballeri­sch fortentwic­kelte, aber einfach zu wenig Punkte holte. VfR-Präsident Sport Hermann Olschewski, der Giannikis geholt hatte, steht in der Kritik bei den Aalener Anhängern.

Denn das Fernziel – 2. Liga 2021, im Jahr des 100-jährigen Bestehens des VfR Aalen – liegt, Stand jetzt, außer Reichweite. Und von Ruhe, wie in Heidenheim, ist derzeit keine Spur. Die Fans sind sauer, einige wollten schon bei der Meppen-Pleite den Innenraum im Stadion stürmen und bekundeten ihren Unmut.

Mehr wollen als die anderen

Es geht nur noch um die Existenz in der 3. Liga und damit im Profisport – die Folgen eines Abstiegs könnten verheerend sein. Was hilft: Siege. „Es geht darum, dass wir punkten. Wir müssen mehr wollen als die anderen“, sagt Daniel Bernhardt, das Urgestein der Aalener, seit 2009 im Verein. Der 33-jährige Kapitän und Torwart hat auch die gute Zeiten beim VfR mitgemacht, etwa den Aufstieg in die 2. Liga 2012 – er kennt aber auch die Regionalli­ga aus seiner ersten Saison 2009/2010. Das Wort „Regionalli­ga“nimmt er jetzt noch nicht in den Mund.

Diese Liga hat der FCH längst hinter sich – er schaut nach oben, ohne abzuheben. Und bleibt ruhig. „Wir sind im Abstiegska­mpf ruhig geblieben und wir bleiben jetzt genauso fokussiert“, sagt der Vorstandsv­orsitzende. Der Kampf um den Klassenver­bleib hat die Heidenheim­er gestärkt, sie gehen ihren Weg mit – neben bekannten Namen wie Schmidt und Marc Schnattere­r – jungen, talentiert­en Spielern wie Niklas Dorsch und Patrick Mainka.

Doch erst einmal heißt das Ziel nach wie vor Klassenerh­alt. Statt bis zum letzten Spieltag (wie in der Vorsaison) zu zittern, will der FC Heidenheim einen Sieg gegen den HSV – dann hätte der aktuelle Tabellenvi­erte schon die magischen 40 Punkte. Ein erstes Ziel, das beim 17-PunkteVfR ziemlich außer Reichweite liegt. Der muss am kommenden Montag im altehrwürd­igen Stadion an der Grünwalder Straße bei 1860 München seinen Abstiegska­mpf weiter bestreiten. „Wir leiden mit unseren Nachbarn wie dem VfR Aalen mit. Das ist ehrlich gemeint“, erklärt Holger Sanwald. „Wir drücken dem VfR Aalen die Daumen für den Klassenver­bleib.“Das können sie gebrauchen.

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FOTOS: IMAGO/DPA Aalener Tristesse, Heidenheim­er Freude: Royal-Dominique Fennell (linkes Bild), Sebastian Griesbeck (rechtes Bild, li.) und Nikola Dovedan.
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