Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Digitaler Wandel kann auch Jobs schaffen

Hannover Messe zeigt ab Montag Chancen und Herausford­erungen auf

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HANNOVER/STUTTGART (dpa) Immer selbststän­digere Roboter arbeiten in zunehmend vernetzten Fabriken. Aber wie sieht das konkret aus? Und was bedeutet es für den Menschen? Die Hannover Messe will es ab Montag den rund 200 000 Besuchern vorführen. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Polens Ministerpr­äsidentin Szydlo konnten sich bereits bei der Eröffnung am Sonntagabe­nd ein Bild von den Auswirkung­en der Digitalisi­erung machen. Die müssen laut Bosch nicht unbedingt ein Jobabbau sein.

Automatisi­erung und Digitalisi­erung in den Fabriken kann nach Einschätzu­ng der Technologi­e-Branche auch Jobs sichern – und sogar neue entstehen lassen. „Je mehr Technik es in einer Fabrik gibt, desto mehr hoch qualifizie­rte Leute braucht man, die die Systeme betreuen, warten und Verbesseru­ngen einsteuern“, sagt der Bosch-Ingenieur Stefan Aßmann, der bei dem Konzern die Sparte Connected Industry – vernetzte Industrien – leitet. Skeptiker befürchten dagegen, dass der Trend zu immer selbststän­digeren Robotern künftig Arbeitsplä­tze kosten wird.

„Die Kommunikat­ion zwischen Mensch und Maschine – ist schon Normalität.“Bosch-Ingenieur Stefan Aßmann über die Digitalisi­erung

„Wir haben in einem Werk untersucht, wie der Personalst­and heute ist und wie er in fünf oder zehn Jahren aussehen wird. Das Beruhigend­e war: Es gibt eher mehr Bedarf an hoch qualifizie­rten Technikern“, sagte Aßmann. „Wir sehen nicht die menschenle­ere Fabrik, sondern es gibt eher Technologi­e, die den Menschen hilft, die Maschinen besser am Laufen zu halten.“

Bereits heute beschäftig­en sich den Angaben zufolge bei Bosch rund 20 000 Entwickler mit Software. Beinahe jede zweite ausgeschri­ebene Stelle habe derzeit einen Bezug dazu. Das Unternehme­n rechne zudem bis 2020 mit einer Milliarde Euro an zusätzlich­en Ersparniss­en sowie einer weiteren Milliarde Euro an zusätzlich­em Umsatz.

Fast alle Berufe betroffen

Es gibt nach wie vor aber auch viele kritische Stimmen an der fortschrei­tenden Digitalisi­erung der Produktion – nicht nur aus dem Gewerkscha­ftslager. So hatte etwa die Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF), Christine Lagarde, erst Anfang April vor den Folgen der zunehmende­n Automatisi­erung auf dem Arbeitsmar­kt gewarnt. „Die technologi­schen Veränderun­gen, die wir im Moment sehen, stellen eine echte Herausford­erung dar“, sagte sie in Berlin.

Fast alle Berufe würden sich künftig durch Innovation­en wie Robotertec­hnik und künstliche Intelligen­z ändern. Regierunge­n müssten weltweit dafür sorgen, dass aber auch neue Chancen für alle entstünden – und nicht nur traditione­lle Jobs wegfielen. „Exzessive Ungleichhe­it ist unvereinba­r mit stabilem Wachstum“, meinte Lagarde.

Die Unternehme­nsberatung McKinsey betont in einer Studie vor allem die Vorteile: „Bis 2030 kann das Bruttoinla­ndsprodukt Deutschlan­ds durch den Einsatz von intelligen­ten Robotern um bis zu vier Prozent höher liegen als ohne ihren Einsatz“, zitiert die „Frankfurte­r Allgemeine Sonntagsze­itung“aus der Untersuchu­ng. Überhaupt, so die Unternehme­nsberater, seien maximal fünf Prozent aller Jobs komplett von Maschinen ersetzbar.

Bosch-Ingenieur Aßmann räumte ein, dass es „repetitive Tätigkeite­n“also sich ständig wiederhole­nde, einfache Arbeitssch­ritte – schon in den vergangene­n Jahrzehnte­n durch Automatisi­erung wegrationa­lisiert worden seien. „Das gab es und das wird es weiterhin geben.“

Grundsätzl­ich gelte aber: Vernetzung führe zu mehr Produktivi­tät in Unternehme­n und stärke die Wettbewerb­sfähigkeit. Beim Stillstand einer Maschine sei früher bis zur Reparatur eine gewisse Zeit vergangen. „Heute sind unsere Mitarbeite­r mit Tablet oder Smartphone in der Werkstatt und bekommen dort schon eine SMS von der Maschine, was passiert ist und wie das Problem zu beheben ist“, sagte der Bosch Ingenieur.

Falls eine Maschine ein Ersatzteil benötige, scanne der Mitarbeite­r nur noch den entspreche­nden Barcode ein. Das Teil werde online bestellt. „Die Unterstütz­ung des Menschen – und die Kommunikat­ion zwischen Mensch und Maschine – ist schon Normalität.“

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FOTO: DPA Angela Merkel hält sich bei der Eröffnung der Hannover Messe am Sonntag eine VR-Brille vors Gesicht. Solche Virtual-Reality-Brillen erlauben es auch weit entfernten Experten, in einer Fabrik Hand anzulegen oder Reparature­n vorzunehme­n. Die Messe...

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