Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kollektion Klein berührt und verstört
Die Familie scheint gerade aus dem Urlaub zurückgekommen zu sein. Voll bepackt steht das Auto am Straßenrand einer amerikanischen Kleinsiedlung, nur der Vater ist ausgestiegen und schaut fassungslos auf das qualmende Eigenheim. Doch Moment mal, da stimmt was nicht. Ein roter Benzinkanister mit Einfüllstutzen steht direkt neben dem Mann. War er also selbst der Brandstifter? Wir wissen es nicht genau, was Fotokünstler Gregory Crewdson zu dieser Szene inspiriert hat. Fest steht dagegen: Alison und Peter W. Klein haben eine Schwäche für Arbeiten, die anregen, bewegen, berühren, verstören. Das Sammlerpaar, das ein Unternehmen für Kupplungssysteme führte, hat sich noch nie um Markt und Trends geschert, sondern kauft, was ihm gefällt. Vor zehn Jahren haben die beiden in EberdingenNussdorf bei Stuttgart ein eigenes Museum eröffnet. Jetzt ist eine Auswahl ihrer Bestände im Kunstmuseum Stuttgart zu Gast und beweist, dass die Stärke der Kollektion in ihrer Subjektivität liegt. den Einfluss der Grafik erkannt. Schon früher diente sie vor allem dazu, religiöse oder politische Inhalte einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Die Allgegenwärtigkeit der Atombombe, der Kalte Krieg, die McCarthy-Ära und Watergate bestimmten die amerikanische Gesellschaft ebenso wie die glamouröse Welt der Hollywoodstars, die Beatmusik und die Hippiebewegung. Vieles davon findet sich als Motiv in den Blättern der Künstler wieder. Vor allem Robert Rauschenberg hat die Ereignisse seiner Zeit im Bild festgehalten. „Es ist die Aufgabe eines Künstlers Zeuge seiner Zeit zu sein“, hat er einmal gesagt. Druckgrafik war also schon damals mehr als nur die Kunst des kleinen Mannes. Knapp 100 Arbeiten von 29 Künstlern sind im Kubus zu sehen. Am Anfang stehen Zeichnungen und Installationen, am Ende gibt es Malerei und dazwischen Fotografie. Über drei Stockwerke zieht sich der Parcours. Ein Schwerpunkt in der Sammlung sind Gemälde von Sean Scully. Ein Querschnitt daraus wird in Stuttgart gezeigt. Auffallend ist auch der große Anteil an Künstlerinnen in der Kollektion. Beispiele dafür sind Shirin Neshat, Candida Höfer, Tracey Moffatt oder Anna Oppermann. Von letzterer stammt
Eine poetische Rauminstallation aus einer Unmenge an Zeichnungen, Zetteln und Fotos. Der ungewöhnliche Ausstellungstitel „Über den Umgang mit Menschen, wenn Zuneigung im Spiel ist“ist diesem Werk entlehnt. Was noch so passieren kann, wenn Zuneigung im Spiel ist, zeigt Moffatt mir ihrer Videoarbeit „Love“. Die Künstlerin hat zahllose Ohrfeigenszenen aus Filmen zusammengeschnitten. Aus dieser Arbeit spricht das ganze Elend von Beziehungen. (amma)