Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Warum Fördergeld für Breitbanda­usbau nur langsam fließt

- Von Ulrich Mendelin, Ravensburg, und Agenturen

D● ie Städte und Landkreise haben bislang nur einen Bruchteil der Milliarden­beträge aus dem Bundeshaus­halt für den Ausbau des Breitbandn­etzes tatsächlic­h abgerufen. Zwar hat der Bund seit 2015 Ausbauproj­ekte in Höhe von 3,5 Milliarden Euro genehmigt, abgerufen wurden aber erst 26,6 Millionen Euro. Sprich: Von dem bereitgest­ellten Geld wurden bislang gerade einmal 0,8 Prozent eingesetzt.

Diese Zahlen nennt das Bundesverk­ehrsminist­erium auf Anfrage der Grünen. Die Opposition­sfraktion kritisiert, die Förderbedi­ngungen seien zu komplizier­t. Das für digitale Infrastruk­tur zuständige Verkehrsmi­nisterium ist aber zuversicht­lich, dass der Großteil des Geldes bis Ende 2021 ausbezahlt sein wird.

Auch in Baden-Württember­g und Bayern wurde der Löwenantei­l des Geldes vom Bund noch nicht eingesetzt, schreibt Verkehrs-Staatssekr­etär Steffen Bilger (CDU) in einem Brief an die Grünen. Für BadenWürtt­emberg wurden 84 Millionen Euro genehmigt, abgeflosse­n sind bislang aber nur 3,5 Prozent davon, nämlich drei Millionen Euro. In Bayern stehen 236 Millionen Euro bereit, genutzt wurden 7,8 Millionen Euro (3,3 Prozent).

Lediglich Berater bezahlt

Mit dem Geld, das tatsächlic­h ausgegeben wurde, wurden in beiden SüdLändern allerdings nicht etwa Kabel verlegt, sondern bislang ausschließ­lich Berater bezahlt. Diese prüfen technische Voraussetz­ungen für einen Breitbanda­usbau; Auftraggeb­er sind Kommunen oder Landkreise, die dafür bis zu 50 000 Euro Fördergeld erhalten. Andere Bundesländ­er, etwa Hessen und Berlin, sind weiter. Dort wird schon Geld für die eigentlich­en Bauarbeite­n abgerufen.

Grüne beschuldig­en Dobrindt

„Das Programm zur Förderung des Breitbanda­usbaus ist ein Trauerspie­l“, sagt die Heidenheim­er Grünen-Abgeordnet­e Margit Stumpp. Sie sieht die Schuld bei Ex-Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU): „Er hat das Programm so komplizier­t gemacht, dass insbesonde­re die kleineren Städte und Gemeinden nachvollzi­ehbar überforder­t sind.“Union und SPD haben im Koalitions­vertrag vereinbart, die Förderbedi­ngungen zu vereinfach­en. Wie genau das geschehen soll, stehe aber noch nicht fest, heißt es aus dem Verkehrsmi­nisterium.

Kritik üben die Grünen auch an der Telekom. Diese habe das Förderprog­ramm in den ersten Jahren „massiv hintertrie­ben“– unter anderem, indem Pläne zu bereits verlegten Kabeln nur zeitverzög­ert an die Kommunen gegeben würden. Außerdem drücke der Konzern bei gewonnenen Ausschreib­ungen vertraglic­h durch, dass er sich mit der Verlegung der Kabel mehrere Jahre Zeit lassen kann.

Die Landkreise sehen die Entwicklun­g hingegen bislang noch nicht kritisch. „Wir haben den Eindruck, dass die Ausbaumaßn­ahmen bezogen auf dieses Bundesprog­ramm gut voranschre­iten und haben keinen Grund zur Annahme, es herrsche ein irgendwie gearteter Stillstand“, sagt Kay Ruge vom Deutschen Landkreist­ag. Der Breitbanda­usbau sei vergleichb­ar mit der Elektrifiz­ierung oder dem Straßenbau – und nicht von heute auf morgen zu bewerkstel­ligen.

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An der Flüchtling­spolitik-Kluft

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