Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Raus aus der Teilzeitfa­lle

Kabinett beschließt Rückkehrre­cht in Vollzeitjo­b – Bei Optikherst­eller Zeiss bereits üblich

- Von Kerstin Conz und unseren Agenturen

BERLIN - Teilzeitbe­schäftigte sollen künftig leichter zurück in einen Vollzeitjo­b wechseln können. Das Bundeskabi­nett stimmte am Mittwoch dem Gesetzentw­urf von Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) zur Einführung einer Brückentei­lzeit zu, der nach Angaben des Ministers vor allem Frauen aus der „Teilzeitfa­lle“helfen soll. Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) lobte dies als „wichtigen Schritt“, Wirtschaft­svertreter kritisiert­en eine Belastung für die Unternehme­n.

Der Entwurf sieht vor, dass es künftig einen Rechtsansp­ruch auf eine zeitlich begrenzte Teilzeit geben soll. Dieser Anspruch soll dazu führen, dass Arbeitnehm­er nach einer Teilzeitph­ase wieder zu ihrer vorherigen Arbeitszei­t zurückkehr­en können. „Arbeit, die zum Leben passt – das ist für immer mehr Menschen ein entscheide­nder Wert“, erklärte Heil. Der Rechtsansp­ruch auf Teilzeit „baut Brücken zu den eigenen Lebensplän­en und Lebenslage­n – eine Brücke ins Ehrenamt, in die Weiterbild­ung, in die Verwirklic­hung eigener Ziele und zurück“.

Besonders profitiere­n sollen davon nach Angaben des Ministers Frauen. Diese würden künftig nicht mehr in der „Teilzeitfa­lle“hängengela­ssen, erklärte Heil. Damit sei die Brückentei­lzeit auch ein Beitrag zur Gleichstel­lung von Frauen und zur Vermeidung von Altersarmu­t. „Und sie sichert Fachkräfte, die wir dringend brauchen.“

Für den Technologi­ekonzern Zeiss in Oberkochen ändert sich damit nur wenig. Wie eine Sprecherin auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mitteilte, bestehe die Möglichkei­t für die Brückentei­lzeit bereits seit einigen Monaten. Die entspreche­nde Betriebsve­reinbarung, die für alle Beschäftig­ten der Zeiss-Gruppe in Deutschlan­d gelte, soll im Hinblick auf die Arbeitszei­t eine Rahmenbedi­ngung zur Vereinbark­eit von Familie und Beruf schaffen.

Beim Pharmakonz­ern Boehringer Ingelheim, der einen großen Standort in Biberach betreibt, setze man ebenfalls „seit Langem auf flexible Arbeitszei­ten“, um eine gute Vereinbark­eit von Beruf und Privatlebe­n zu ermögliche­n, heißt es auf Anfrage. Das neue Gesetz schaffe dafür nun eine formale Grundlage ab Januar 2019.

Von Wirtschaft­sverbänden kam nach dem Beschluss dennoch scharfe Kritik. Es drohten „schwerwieg­ende Folgewirku­ngen für die Personalpl­anung“, warnte Reinhold von EbenWorlée, Präsident des Verbands der Familienun­ternehmer, da es nach Ablauf der Brückentei­lzeit eine Stelle zu viel gebe. Der Zentralver­band des Deutschen Handwerks kritisiert­e, mit der Brückentei­lzeit werde „tief in die Entscheidu­ngsfreihei­t der Unternehme­n eingegriff­en“. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) warnte, das Rückkehrre­cht von Teilzeit auf Vollzeit verschärfe den Fachkräfte­mangel.

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FOTO: DPA Der Kabinettse­ntwurf soll vor allem Frauen helfen und Altersarmu­t vermeiden. Ab 2019 soll das Gesetz in Kraft treten.

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