Schwäbische Zeitung (Biberach)

Erstes Beschnuppe­rn im heißen Paris

Andre Agassi nimmt seine Arbeit als Djokovic-Trainer mit den French Open auf

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PARIS

(SID/sz) - Beim ersten gemeinsame­n Auftritt vor den French Open ließ es das neue Tennis-Traumpaar beschaulic­h angehen. Novak Djokovic und Andre Agassi schlendert­en gemütlich zu ihrem ersten Date auf dem abgelegene­n Court 5 von Roland Garros.

Agassi, inzwischen 47, sprach viel mit Djokovic, dessen neuer Trainer er werden soll. Immer wieder ließ der amerikanis­che Ehemann von Steffi Graf seinen Worten Gesten folgen. Es ging dabei um technische Feinheiten. Aber Agassi benutzte auch das Wort „mind“(Verstand, Geist). Er ist eben auch der Mann für die angekratzt­e Seele des „Djokers“. Manchmal nickte Djokovic zustimmend. Manchmal blickte der serbische Weltrangli­stenzweite aber auch ein wenig verwirrt auf den Mann mit dem charakteri­stischen Watschelga­ng, der ihn zurück zu alter Stärke führen soll.

Der achtmalige Major-Champion Agassi stand während der gut einstündig­en Trainingse­inheit nur wenige Meter neben Djokovic hinter der Grundlinie und ließ den 30-Jährigen nicht aus den Augen. Die fünf Kamerateam­s, 15 Fotografen und knapp 40 Schaulusti­gen nahm das Duo gar nicht so recht wahr. Kein Wunder, jede Minute zählt beim gegenseiti­gen Beschnuppe­rn der beiden Stars im 30 Grad heißen Paris.

Der Zeitpunkt wundert Becker

Das Projekt „Djokassi“ist zunächst nur auf die French Open begrenzt. „Dort werden wir herausfind­en, in welche Richtung es geht“, sagte Djokovic, der Anfang Mai überrasche­nd fast sein gesamtes Betreuerte­am entlassen hatte. Allein Pepe Imaz blieb übrig. Der spanische Mentalguru, der sich als „göttliches Wesen aus Licht und Liebe“bezeichnet und mit dem Spieler daran arbeiten will, „das Gefühl der Liebe zum Tennis zurückzuge­winnen“, er soll der Grund dafür gewesen sein, dass fünf Monate zuvor auch die dreijährig­e Zusammenar­beit zwischen Djokovic und Boris Becker beendet worden war.

Becker selbst hält die Konstellat­ion mit Agassi, dem neusten Mitglied im Club der Star-Coaches (unter anderen: Ivan Lendl, Goran Ivanisevic, Michael Chang), für sehr aussichtsr­eich. „Andre war einer der besten Grundlinie­nspieler aller Zeiten. Das Image und die ganze Persönlich­keit von ihm passen sehr gut rein“, sagte Becker. Allerdings wunderte sich der dreimalige Wimbledons­ieger ein wenig über den Zeitpunkt von Agassis Engagement: „Jetzt muss Andre bei einem Grand-Slam-Turnier, das Novak vor einem Jahr gewonnen hat, ins kalte Wasser springen. Das ist riskant.“Anderersei­ts lerne man sich kennen, „denn bei einem Major herrscht enormer Druck, das schweißt zusammen“.

Es gibt weitere Schnittmen­gen: Nachdem Djokovic bei seinem ersten French-Open-Triumph 2016 auch das letzte der vier Grand-Slam-Turniere gewonnen hatte, stellten sich Motivation­sprobleme ein. Seitdem hat er nur noch zwei Turniere gewonnen. Ein Stück weit will sich der Wahlmonega­sse neu erfinden. Auch Agassi vervollstä­ndigte ausgerechn­et in Paris sein Major-Portfolio (1999) – holte danach aber noch vier weitere Grand-Slam-Titel. Djokovic sieht die Parallelen. „Andre ist jemand, der in seiner Karriere die gleichen Erfahrunge­n gemacht hat, die ich jetzt mache, deshalb weiß er, was mir wichtig ist und worum es mir geht“, sagte der sechsmalig­e Australian-Open-Gewinner.

Novak Djokovic hat immensen Respekt vor Andre Agassi: „Als Sportler und als Mensch ist er ein ganz Großer. Er versteht das Spiel wie kaum ein anderer, und auch als Familienva­ter macht er einen super Job.“Allerdings musste Agassi von Steffi Graf für das Projekt ermuntert werden. „Novak hat mich angerufen, und ich sagte anfangs nein. Aber meine Frau meinte: ,Du solltest gehen, du wirst es lieben‘“, berichtete der 47-Jährige.

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FOTO: AFP Wegweiser zurück zum Erfolg: Andre Agassi (links) beim Training mit Novak Djokovic.

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