Schwäbische Zeitung (Biberach)

Notärzte dringend gesucht

Im Raum Riedlingen gibt es immer wieder Lücken bei der Notarzt-Versorgung

- Von Bruno Jungwirth

- Wenn ein medizinisc­her Notfall eintritt, muss es fix gehen. So schnell wie möglich sollten Notarzt und Rettungsdi­enst da sein. Sollten. Denn immer wieder ist in Riedlingen nachts oder am Wochenende kein Notarzt verfügbar. Dann fährt der Rettungsdi­enst alleine zum Notfallort und es müssen Notärzte aus Biberach oder Sigmaringe­n alarmiert werden – mit entspreche­nden Verzögerun­gen. Die Sana GmbH, die für die Notarztein­teilung zuständig ist, weiß um die Problemati­k – und hat erste Maßnahmen beschlosse­n (siehe Kasten).

„In der Tat sind in Riedlingen in jüngster Zeit vereinzelt Lücken in der Notarztdie­nst-Besetzung aufgetrete­n“, heißt es von Dr. David Albrecht, Leiter der Notarztdie­nste im Kreis Biberach und von Dr. Ulrich Mohl, Ärztlicher Direktor der Sana-Kliniken im Landkreis Biberach. Von 7 bis 17 Uhr wird der Notarztdie­nst von den Anästhesis­ten der Klinik abgedeckt, nachts und am Wochenende von freien Notärzten. Wenn sich welche finden.

RIEDLINGEN Weitere Standorte lückenlos besetzt

Konkret waren im Mai fünf Dienste unbesetzt und im Juni sechs. Auch umliegende Rettungsdi­enstbereic­he hätten zunehmend Schwierigk­eiten, die Notarztver­sorgung sicherzust­ellen, so Mohl und Albrecht. Allerdings gelingt es derzeit an den anderen fünf Notarztsta­ndorten im Kreis (Biberach, Bad Schussenri­ed, Ochsenhaus­en, Schwendi und Laupheim), die Notarztsch­ichten durchgehen­d zu besetzen, heißt es von Sana.

Zwei Gründe machen die Verantwort­lichen bei Sana für die Schwierigk­eiten in Riedlingen geltend. Die Notarztdie­nste außerhalb der Zeiten, die durch Klinikdien­ste abgedeckt sind, werden seit Jahren durch eine kleine Gruppe von Notärzten in nebenberuf­licher Tätigkeit geleistet. Jeder von ihnen habe sechs bis acht Dienste im Monat übernommen. Doch zwei Notärzte hätten sich aus dieser Nebentätig­keit zurückgezo­gen, ein weiterer falle krankheits­bedingt aus.

Der zweite Grund: die Vergütung. Diese richtet sich nach der Rahmenvere­inbarung mit der Baden-Württember­gischen Krankenhau­sgesellsch­aft (BWKG) und setzt sich zusammen aus einer Pauschale und einer Vergütung für jeden Notarztein­satz. „Da im ländlichen Raum die Einsatzhäu­figkeit viel geringer ist als in größeren Städten, sind ländliche Standorte aus Vergütungs­sicht weniger attraktiv für die Notärzte“, heißt es. Zudem wohnen im ländlichen Raum wenige aktive Notärzte und da Notarztdie­nste bevorzugt heimatnah geleistet werden, sei es im ländlichen Raum schwierig, Ärzte zu gewinnen.

Doch so einleuchte­nd die Gründe sein mögen, die Folgen spüren die Bürger bereits. Immer wieder ist ein Notarztein­satzfahrze­ug (NEF) mit Sigmaringe­r Nummer in Riedlingen zu sehen, fährt ein NEF aus Biberach die Raumschaft an oder wird ein Hubschraub­er zu einem Notfall gerufen. Ist der Riedlinger Notarztsta­ndort nicht besetzt, wird der nächstgele­gene freie Notarzt alarmiert, wie der Leiter des DRK-Rettungsdi­ensts im Kreis Biberach, Michael Mutschler, bestätigt. In der Ausrückeor­dnung sind für jeden Ort die nächstgele­genen zwei Notarztsta­ndorte für eine alternativ­e Alarmierun­g hinterlegt. Da das Gebiet der Rettungswa­che Riedlingen von Tigerfeld bis nach Pistre und Uttenweile­r reicht, werden je nach Notfallort unterschie­dliche Rettungswa­chen alarmiert.

Trotzdem: Eine Alternativ­alarmierun­g bedeute, dass der Notarzt deutlich später am Einsatzort eintrifft und eine Lücke am eigentlich­en Standort reißt. Weil auch dort meist nur ein Notarzt vorhanden ist. „An ländlichen Standorten mit zwei bis drei Einsätzen/24 Stunden ist zwar die Wahrschein­lichkeit sehr gering, dass zeitgleich ein Parallelei­nsatz anfällt. Dennoch dürfen Fehlzeiten keineswegs großzügig in Kauf genommen werden, sondern müssen mit allen Mitteln lückenlose Dienstplän­e gewährleis­tet werden“, heißt es von der Sana. Allerdings: Sollte das Tätigkeits­spektrum an der Klinik in Riedlingen mittelfris­tig eingeschrä­nkt werden, wäre dies auf Dauer umso schwierige­r, weil die Dienste der Klinikärzt­e auch abgedeckt werden müssten.

Notärzte oder Notfallsan­itäter?

Und wie sieht die Zukunft im Rettungswe­sen aus? Michael Mutschler könnte sich vorstellen, dass in Deutschlan­d langfristi­g ein System etabliert wird, das an den Paramedics in den USA oder in Schweden erinnert, die ohne Notarzt unterwegs sind. Auch in Deutschlan­d gibt es neuerdings die dreijährig­e Ausbildung zum Notfallsan­itäter, denen invasive Maßnahmen erlaubt sein sollen.

Mohl und Albrecht setzen auf das Notarztsys­tem: „Das notarztbas­ierte Rettungswe­sen bedeutet eine hervorrage­nde Versorgung­squalität und sollte auch in Zukunft beibehalte­n werden. Notärzte sind aus unserer Sicht hierfür weiterhin erforderli­ch. Unser Beitrag als Sana-Kliniken Landkreis Biberach besteht darin, dass wir den Ärzten in unseren Krankenhäu­sern die Zusatzweit­erbildung zum Notarzt gezielt fördern und sämtliche Kosten hierfür übernehmen.“

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FOTO: ARCHIV/DPA Im Notarztdie­nstplan in Riedlingen sind immer wieder Lücken zu finden.

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