Schwäbische Zeitung (Biberach)

Von wegen weniger Zucker

Nutella mit veränderte­r Rezeptur – Ernährungs­mediziner fordert höhere Steuer auf ungesunde Lebensmitt­el

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Nutella ändert die Rezeptur – doch gesünder wird der Schokoaufs­trich dadurch nicht. Fachleute fordern höhere Steuern auf Süßes. Sie sehen sich im Glauben bestätigt, dass sich ohne Vorgaben aus der Politik nichts an überzucker­ten Lebensmitt­eln ändert.

Wenn der Lebensmitt­elkonzern Ferrero über Zucker informiert, klingt das sehr appetitlic­h. Auf der Nutella-Markenwebs­eite ist von zertifizie­rten Rohrzucker die Rede, der nachhaltig erzeugt wird. Den Zuckerante­il an der Creme behält das Unternehme­n allerdings für sich. Der liegt Verbrauche­rschützern zufolge nun bei 56,3 Prozent statt wie bislang bei 55,9 Prozent. „Feinjustie­rung“nennt Ferrero die erste Veränderun­g der Zutaten nach Jahren, die der Verbrauche­rzentrale Hamburg aufgefalle­n ist. Der Fettanteil wurde leicht verringert, es ist mehr Magermilch­pulver und weniger Kakao im Glas. Der Aufstrich ist etwas heller geworden. Über die Gründe schweigt Ferrero. „Magermilch­pulver ist in der Regel deutlich billiger als Kakaopulve­r“, stellt die Verbrauche­rzentrale fest und vermutet den Wunsch, Kosten zu sparen, hinter der heimlichen Änderung.

Das Beispiel ist ein Beleg für den mäßigen Erfolg von Ärzten und Verbrauche­rschützern, die für eine Verringeru­ng ungesunder Zutaten bei industriel­l gefertigte­n Lebensmitt­eln eintreten. Dabei hat Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Schmidt vor Monaten schon eine Reduktions­strategie erarbeitet. Die Hersteller sollten freiwillig weniger Salz, Zucker oder Fett verwenden. Schmidt ist mit seinem Vorhaben bisher gescheiter­t. Widerstand kam aus der Lebensmitt­elindustri­e.

Dabei gibt es gute Gründe für geringeren Zuckerkons­um. Es gibt zu viele dicke Kinder. Übergewich­t birgt das Risiko späterer Folgeerkra­nkungen wie Diabetes. Die Uni Hamburg schlägt nun Steuererhö­hungen für besonders zuckerhalt­ige Produkte und Softdrinks vor. Nudeln, Milch oder Fleisch sollen mit 19 Prozent Mehrwertst­euer belegt werden, potenziell besonders schädliche Produkte mit einem Aufschlag von 23 Prozent. So würde der Anteil übergewich­tiger Menschen nicht mehr weiter steigen und könnte sogar um zehn Prozent sinken, glaubt der Münchner Ernährungs­mediziner Hans Hauner. Gesundes wie Obst und Gemüse hingegen soll von der siebenproz­entigen Mehrwertst­euer befreit werden.

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