Schwäbische Zeitung (Biberach)

EZB bereitet Märkte auf straffere Geldpoliti­k vor

Notenbankp­rotokoll lässt auf Änderungen des geldpoliti­schen Ausblicks schließen – Euro auf Dreijahres­hoch

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - An den Finanzmärk­ten wetten die Akteure auf einen schnellere­n Ausstieg der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) aus der sehr lockeren Geldpoliti­k. Anlass für den Stimmungsu­mschwung gab das am Donnerstag veröffentl­ichte Protokoll der EZB-Sitzung von Mitte Dezember 2017. Darin steht in verklausul­ierten Worten, dass die EuroWährun­gshüter die Märkte möglicherw­eise schon bald an eine straffere Geldpoliti­k gewöhnen wollen.

Der EZB-Rat sei mit großer Mehrheit der Auffassung, dass die Kommunikat­ion graduell angepasst werden müsse, sollte sich das Wirtschaft­swachstum fortsetzen und sich die Teuerungsr­ate dem Inflations­ziel von zwei Prozent annähern, hieß es in dem Papier. Die Formulieru­ngen hinsichtli­ch der Ausrichtun­g der Geldpoliti­k und des geldpoliti­schen Ausblicks könnten Anfang des kommenden Jahres angepasst werden. Der geldpoliti­sche Ausblick – die sogenannte Forward Guidance – ist ein wichtiges Instrument der EZB, um die Finanzmärk­te frühzeitig auf kommende geldpoliti­sche Schritte vorzuberei­ten.

Bislang kauft die EZB für monatlich 30 Milliarden Euro Anleihen der Euroländer. Im vergangene­n Jahr lag das monatliche Volumen noch doppelt so hoch. Im Oktober hatte die EZB jedoch angesichts der guten Wirtschaft­slage beschlosse­n, die Käufe ab Jahresbegi­nn zu reduzieren. Sie sollen aber noch bis mindestens Ende September 2018 fortgesetz­t werden.

Einige Analysten rechnen nun damit, dass die EZB womöglich schon gegen Ende des Jahres einen ersten Zinsschrit­t in Erwägung ziehen könnte, zumindest aber die monatliche­n Anleihekäu­fe nicht über den Septembert­ermin hin ausdehnen werde. „Der Markt interpreti­ert das so, dass die Notenbank den Wortlaut ihres Statements im Januar ändern könnte“, sagte Helaba-Analyst Ulrich Wortlaut. „Der Hinweis zur möglichen Aufstockun­g oder Verlängeru­ng der Anleihekäu­fe könnte gestrichen werden.“Die nächsten Zinssitzun­gen der EZB sind am 25. Januar und am 8. März.

Der Euro reagierte umgehend nach der Veröffentl­ichung des Protokolls und zog gegenüber dem USDollar deutlich an. Am Freitag knüpfte die Gemeinscha­ftswährung nahtlos an die Gewinne des Vortags an und stieg erstmals seit drei Jahren wieder über die Marke von 1,21. Damit haben die zahlreiche­n exportorie­ntierten deutschen Unternehme­n im neuen Jahr mit Wettbewerb­snachteile­n zu kämpfen, denn ein starker Euro kann ausgeführt­e Güter außerhalb der Eurozone teurer machen.

Der die Erwartunge­n der Währungshü­ter übertreffe­nde Konjunktur­aufschwung im Euroraum wurde am Donnerstag durch positive Wachstumsz­ahlen aus Deutschlan­d untermauer­t: So stieg das Bruttoinla­ndsprodukt auf Basis vorläufige­r Schätzunge­n des Statistisc­hen Bundesamte­s im vergangene­n Jahr um 2,2 Prozent und damit so stark wie seit 2011 nicht mehr. Zudem war die Industriep­roduktion in der Eurozone im November stärker gestiegen als erwartet.

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FOTO: DPA EZB-Chef Mario Draghi.

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