Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Präsident mit dem halbvollen Terminkale­nder

In den USA wird über Donald Trumps Arbeitszei­ten diskutiert – Doch wo verläuft bei ihm überhaupt die Grenze zwischen Freizeit und Arbeit?

- Von Can Merey

WASHINGTON (dpa) -Nach der Veröffentl­ichung seiner nicht übermäßig vollen Terminplän­e in amerikanis­chen Medien wehrt sich US-Präsident Donald Trump gegen den Eindruck, er vernachläs­sige seinen Job. „Ich arbeite wahrschein­lich mehr Stunden als fast alle früheren Präsidente­n“, schrieb Trump am Sonntag (Ortszeit) auf Twitter. Am Montag legte er nach: „Kein Präsident hat jemals härter gearbeitet als ich (räume gerade das Chaos auf, das ich geerbt habe)!“

Die Nachrichte­nseite Axios hatte kürzlich interne Terminplän­e Trumps aus den vergangene­n drei Monaten veröffentl­icht, die ihr von einer Quelle im Weißen Haus zugespielt worden waren. Rund 60 Prozent der dort erfassten Zeit ist nach Axios-Angaben unstruktur­ierte „Executive Time“, also Zeit zur freien Verfügung.

Axios berichtete außerdem, Trumps erster Termin sei an den meisten Tagen erst um 11 Uhr oder 11.30 Uhr.

„Executive Time“lässt sich sinngemäß mit „Chefzeit“oder „Führungsze­it“übersetzen und ist als präsidiale­r Tagesordnu­ngspunkt eine Erfindung von Trumps Weißem Haus. Trump meinte am Sonntag, die Medien hätten positiv über seine Terminplän­e berichten sollen. „Wenn der Begriff „Executive Time“genutzt wird, arbeite ich in der Regel und ruhe mich nicht aus.“

Nie vor 11 Uhr im Büro

Axios hatte berichtet, der Frühaufste­her Trump sei oft vor 6 Uhr wach. In den Zeitplänen sei meist die Zeit bis 11 Uhr als „Executive Time“aufgeführt, die Trump im Oval Office verbringe. Trump sei nach Angaben von sechs Quellen in dieser Zeit nie in seinem Büro. Stattdesse­n sei er in der Residenz, schaue Fernsehen und lese Zeitungen. Dann reagiere er auf das, was er sehe und lese, rufe Berater, Freunde oder Kongressab­geordnete an. Häufig verschickt Trump am Morgen Twitter-Botschafte­n in die Welt.

Trumps unkonventi­oneller Regierungs­stil macht es schwierig zu definieren, wo die Grenze zwischen Freizeit und Arbeit verläuft. Mit seinen Tweets beispielsw­eise macht er auf jeden Fall Politik, auch in der „Executive Time“. Dennoch erscheint sehr fragwürdig, ob Trump – wie er nun behauptet – wirklich mehr arbeitet als die meisten seiner Vorgänger. Bekannt ist Trumps Hang zu Übertreibu­ngen und zum Selbstlob. So behauptet er auch, dass seine Regierung in den ersten zwei Jahren mehr erreicht habe als alle zuvor.

Axios berichtete, der Terminplan von Präsident George W. Bush sei über Monate hinaus ausgebucht gewesen. Bush sei immer ab 6.45 Uhr im Büro gewesen. Der Terminplan seines Vater und Vor-Vorgängers im Amt, George H. W. Bush, sei in ZehnMinute­n-Intervalle­n getaktet gewesen. Trumps Vorgänger Barack Obama habe an einem typischen Arbeitstag sechs Meetings gehabt.

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FOTO: DPA Donald Trump, Präsident der USA, im Oval Office des Weißen Hauses, während er eine Rede an die Nation hält.

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