Schwäbische Zeitung (Ehingen)

EU feiert sich selbst und beschwört die Eintracht

Sondergipf­el zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge

- Von Thomas Migge und dpa

ROM - Wenige Tage vor dem BrexitAntr­ag aus London hat sich die Europäisch­e Union am Wochenende gefeiert und auf eine gemeinsame Zukunft eingeschwo­ren. Kanzlerin Angela Merkel und ihre Kollegen erneuerten bei der 60-Jahr-Feier der EU in Rom das Verspreche­n auf Frieden, Freiheit und Wohlstand.

22 Grad und viel Sonne zum Auftakt des Gipfels. „Hoffnungsw­etter“, meinte Paolo Gentiloni, Italiens Regierungs­chef und Gastgeber der Veranstalt­ung, „denn die EU braucht viel gutes Wetter, um die Stürme der bestehende­n Krisen zu bestehen“. EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk erinnerte in seiner Rede bei dem Festakt daran, dass für ihn als jungen Polen der 1957 von Deutschlan­d, Italien, Frankreich und den Benelux-Ländern in Rom gegründete Vorläufer der EU „jene Zukunft darstellte, von der wir hinter dem eisernen Vorhang träumten“. Für ihn, so Tusk, „ist die Einheit Europas deshalb kein bürokratis­ches Modell, sondern ein Traum, der trotz vieler Hürden verwirklic­ht werden muss“.

Mit diesen Hürden hatten die EURegierun­gschefs schon bei ihrer Arbeit an der Abschlusse­rklärung des Gipfels zu kämpfen. Bis tief in die Nacht zuvor wurde über das Dokument gerungen. Griechenla­nds Ministerpr­äsident Alexis Tsipras unterschri­eb erst, als im Text die soziale Dimension der EU hervorgeho­ben wurde. Tsipras ist auch dafür verantwort­lich, dass in der Erklärung die Bekämpfung der Arbeitslos­igkeit deutlich unterstric­hen wird.

Auch Polen musste erst noch überzeugt werden. Regierungs­chefin Beata Szydlo stellte eine Bedingung für ihre Unterschri­ft. Sie verlangte einen ausdrückli­chen Hinweis darauf, dass ihr Land in einem Europa der verschiede­nen Geschwindi­gkeiten nicht abgehängt wird. An der entspreche­nden Textpassag­e wurde daraufhin so lange herumgefei­lt, dass sie jetzt nicht mehr eindeutig ist.

Tenor des Abschlussd­okuments ist die Betonung sozialer Aspekte innerhalb der EU und die Möglichkei­t einer Union mit verschiede­nen Geschwindi­gkeiten, wie etwa in der Asyl- und Verteidigu­ngspolitik. Die EU, so brachte es Merkel nüchtern auf den Punkt, „muss den Ländern auch Freiheiten lassen, um den Verschiede­nheiten Ausdruck zu geben“. Wie diese „verschiede­nen Geschwindi­gkeiten“konkret aussehen werden, ist aber offen.

In der „Erklärung von Rom“verspreche­n die 27 verbleiben­den Länder, an einem Strang zu ziehen. „Wir richten unseren Blick in die Zukunft“, sagte Merkel. Am Mittwoch will die britische Premiermin­isterin Theresa May den Brexit-Antrag nach Brüssel schicken. Nach Rom kam sie nicht. In London gingen Demonstran­ten für Europa auf die Straße.

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FOTO: DPA Angela Merkel unterzeich­net die Erklärung von Rom.

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