Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Netzwerk hinter Manchester-Anschlag „zu großen Teilen“zerschlage­n

Untersuchu­ngen zum Anschlag: Attentäter „von Rache getrieben“– Höchste Warnstufe in Großbritan­nien gilt weiterhin

- Von Sebastian Borger und unseren Agenturen

MANCHESTER - Vier Tage nach dem Anschlag von Manchester sind die Ermittlung­en nach Angaben der Polizei weit vorangesch­ritten. Das islamistis­che Netzwerk hinter dem Attentat sei „zu großen Teilen“zerschlage­n, erklärte die Anti-Terror-Polizei. Am Freitagabe­nd nahm die Polizei einen 44-jährigen Mann im Stadtteil Rusholme unter Terrorverd­acht in Gewahrsam. Damit sitzen neun Männer hinter Gittern. Zudem wurden in Libyen der Vater und der ältere Bruder des Attentäter­s festgenomm­en.

Die Briten geben auch wieder Informatio­nen an die US-Behörden weiter, nachdem US-Präsident Donald Trump der britischen Premiermin­isterin Theresa May zugesagt hat, Informatio­nslecks zu schließen. Bei dem Selbstmord­anschlag am Montagaben­d auf Besucher eines Popkonzert­s hatte Salman Abedi, ein Brite libyscher Abstammung, 22 Menschen mit in den Tod gerissen. Außerdem wurden 116 Menschen zur Behandlung von Verletzung­en in Krankenhäu­ser gebracht.

Die Polizei ging früh davon aus, dass Abedi kein Einzeltäte­r war, sondern dass ein ganzes Terrornetz­werk hinter der Tat steckt. Der 22-Jährige soll nach Angaben aus seinem Umfeld von „Rache getrieben“worden sein. Das Rachemotiv gehe auf die Ermordung eines ebenfalls libyschstä­mmigen Freundes durch britische Jugendlich­e im vergangene­n Jahr in Manchester zurück, verlautete aus dem Umfeld der Familie des Attentäter­s.

Der Inlandsgeh­eimdienst MI5 erhielt zuletzt 2000 zusätzlich­e Mitarbeite­r und hatte auch Abedi kurzzeitig im Visier, verlor dann aber das Interesse an ihm. Man habe 3000 Dschihadis­ten unter Beobachtun­g, gab Staatssekr­etär Wallace zu bedenken. Der Uni-Abbrecher Abedi muss den Ermittlung­sergebniss­en zufolge seine Bombe mindestens ein Jahr lang geplant haben.

Nach einer Aussprache mit ihren US-Kollegen nahmen die britischen Beamten den Informatio­nsaustausc­h wieder auf. Das sagte Mark Rowley, der oberste britische Terrorermi­ttler. Das Vertrauen zwischen den Partnern war getrübt, nachdem US-Behörden amerikanis­chen Medien britische Ermittlung­sergebniss­e zugespielt hatten. Übers Wochenende bleibt die Terroralar­mstufe „kritisch“, die Behörden rechnen also mit einem weiteren Anschlag.

Corbyn kritisiert Sicherheit­spolitik

Mit einem Frontalang­riff auf die Sicherheit­spolitik der konservati­ven Regierung hat Jeremy Corbyn den britischen Wahlkampf wiederaufg­enommen. Sein Land müsse sich stark zeigen gegenüber dem islamistis­chen Terrorismu­s, aber auch genau dessen Ursachen analysiere­n, sagte der Labour-Opposition­sführer. Dazu zählt der Politiker den „Krieg gegen den Terror“mitsamt der britischen Beteiligun­g am Irak-Krieg und am Sturz des libyschen Diktators al-Gaddafi.

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FOTO: DPA Am St. Ann’s Square in Manchester wird der Opfer des Anschlags gedacht.

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