Immer mehr Storchennester in der Region
In fast jedem Nest um Ehingen gibt’s Nachwuchs – Nachfolger für Rudolf Kohlruss gesucht
„Es kommen jedes Jahr ein oder zwei Nester in der Region dazu“, sagt der Storchenbeauftragte Rainer Deschle.
EHINGEN - Schon jetzt beobachten aufmerksame Ehinger die ersten Flugversuche der Jungstörche vom Dach des Landratsamts und auch um Ehingen wird der schwarz-weiße Nachwuchs schnell flügge. Bereits zwischen Ende April und Anfang Mai sind nämlich in den Nestern der Region die kleinen Storchen-Küken geschlüpft. „Derzeit werden sie noch von ihren Eltern versorgt. Das heißt, dass sie sechs bis acht Wochen bis zum Ausfliegen gefüttert werden“, erklärt der Storchenbeauftragte für Nester im nördlichen Oberschwaben, Rainer Deschle.
Zehn bis 15 Jahre können Störche alt werden. Laut Deschle werden die Küken zu Beginn noch mit Kleintieren versorgt. „Später dann bringen die Eltern den Kindern auch größere Tiere wie Mäuse mit.“In allen Nestern in der Umgebung, das heißt in Rißtissen, Ehingen, Kirchbierlingen, Munderkingen, Untermarchtal, Obermarchtal, Algershofen, Emerkingen, Rottenacker, Ersingen, Zwiefaltendorf und Dellmensingen, beobachtet Deschle, wie die Jungen aufwachsen. „Bis auf Griesingen. In diesem Nest wurde dieses Jahr zwar gebrütet, doch mittlerweile sind dort keine Jungen mehr anzutreffen“, sagt der beim Regierungspräsidium Tübingen tätige Biologe.
Dass in jedem Nest nun gesunder Nachwuchs aufgezogen wird, war in diesem Frühjahr nicht selbstverständlich. Weil der Federflaum der Küken zu Beginn noch nicht allzu dicht ist, hat ihnen der unerwartete Temperatursturz im Mai stark zugesetzt. Zudem könnten sie bei viel Regen ebenfalls an Unterkühlung sterben oder sogar im Nest ertrinken. „Bei extremem Wetter geht oft die ganze Brut verloren“, erklärt Rainer Deschle und erinnert damit nochmals an die extremen Wetterlagen in den vergangenen Wochen, welche dem Storchen-Nachwuchs teilweise mit Minusgrade und Starkregen zusetzten. Doch die erfahrenen Storcheneltern hätten ihre Kleinen wohl von oben ausreichend geschützt, mutmaßt der Fachmann.
Mithilfe von Kameras und einem Spektiv, einem speziellen Fernrohr, beobachtet Rainer Deschle die Storchennester und kann somit den Brutbeginn für seine Unterlagen genau dokumentieren. „Wenn beides an einem Nest nicht möglich ist, dann beobachte ich einfach die Altstörche und sehe, wenn sie Futter in die Nester hineinwerfen. Das bedeutet dann, dass sie Junge aufziehen“, erklärt der Storchenbeauftragte, der sich nun um die Beringung der Störche gekümmert hat. Denn anhand der Ringe kann er nämlich verfolgen, wie sich die Störche in der Region entwickeln. Bei seinen Beobachtungen in den vergangenen Jahren hat Deschle eine Veränderung festgestellt: „Es kommen jedes Jahr ein oder zwei neue Nester in der Region dazu.“
Mehr Nester bedeuten für den Storchenexperten auch automatisch mehr Arbeit. Diese kommt mit dem Tod des Ehinger Storchenexperten Rudolf Kohlruss (die Schwäbische Zeitung berichtete) noch geballter auf ihn zu. „Ich habe erst vor ein paar Tagen davon erfahren, dass Rudolf Kohlruss gestorben ist. Er hat mich bei den Beobachtungen des Nestes in Ehingen und weiterer in der Umgebung immer sehr unterstützt“, sagt Deschle. Kohlruss betreute die Nester in Ehingen, Kirchbierlingen und Griesingen und sorgte dafür, dass diese im Frühjahr gereinigt werden, damit sich die Vögel wieder darin niederlassen können. Nun hat Rainer Deschle erst einmal alle Arbeiten übernommen, die bisher von Kohlruss erledigt wurden. „Es steht aber an, einen Nachfolger für diese Aufgabe zu finden. Das ist aber bisher noch nicht zu klären“, sagt der Biologe.