Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Freunde fürs Leben

Der FC Bayern will nun auch Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt als Chefarzt zurückhole­n

- Von Jürgen Schattmann

E● s klingt wie ein kleines geriatrisc­hes Witzle, was sich die „Bild“-Zeitung am Montag einfallen ließ: Hans-Wilhelm MüllerWohl­fahrt kehre als verantwort­licher Mannschaft­sarzt zum FC Bayern zurück, hieß es da. „Mull“, wie sie ihn in München nennen, solle sich mit dem Rekordmeis­ter „auf ein zukunftsfä­higes Konzept für die medizinisc­he Abteilung“geeinigt haben.

Ein 75-Jähriger darf also fürs langfristi­ge leibliche Wohl sorgen beim FCB? Wer darüber spottet, dem sei gesagt: Wenn einer beste Chancen hat, das 22. Jahrhunder­t noch in rüstiger Gesundheit zu erleben, dann gerade dieser ewigjuveni­le Müller-Wohlfahrt, ein Arzt, der nicht nur Bestseller wie „Mensch, beweg Dich“schrieb, sondern in seinen 38 Jahren als Chefarzt der Bayern stets mit bestem Beispiel voranging. Lag ein verletzter Spieler auf dem Rasen, setzte der ewig junge Doc quasi instinktiv in rasendem Tempo und mit wallendem Haupthaar zum Notfalldie­nst an, manchmal hatte der Schiedsric­hter noch gar nicht richtig ausgepfiff­en, schon war Müller-Wohlfahrt auf dem Platz, um mit seinen magischen Fingern den Schmerz im Muskel erst zu fühlen, dann zu lindern.

Wichtiger allerdings scheint bei der neuen Personalie ein anderes Gefühl zu sein, jenes des bayerische­n Machers nämlich: Müller-Wohlfahrt war stets ein Freund von Bayerns Präsident Uli Hoeneß. Dass der Arzt 2015 aufgrund von Zerwürfnis­sen mit dem damaligen Trainer Pep Guardiola gehen musste, hat Hoeneß, damals noch Freigänger im offenen Vollzug, angeblich tief geschmerzt.

Die Rückkehr, die der Club, der sich vergangene Woche von Teamarzt Volker Braun getrennt hat, nicht kommentier­en wollte, würde bestens ins Muster dieses neuen, alten FC Bayern passen, den Hoeneß gerade zusammenba­stelt.

Zurück in die Zukunft respektive „Vorwärts durch Vergangenh­eit“scheint da das Motto zu sein, oder auch: Was früher funktionie­rte, kann heute nicht falsch sein. Und so kehren gerade zahllose Vertraute aus guten alten Zeiten zurück an die Säbener Straße. Jupp Heynckes, 72 und TripleSieg­er von 2013, wurde als Cheftraine­r installier­t, Talentegur­u Hermann Gerland, 63, mimt wie einst wieder den Assistente­n – in Kooperatio­n mit Peter Hermann übrigens, dem 65-Jährigen, den die Bayern aus Düsseldorf los eisten, weil er Heynckes einst ziemlich behilflich war beim Triple. Im Prinzip fehlt nur noch Ottmar Hitzfeld, 68, im Bunde der langjährig­en verdienstv­ollen Mitarbeite­r, und der FC Bayern der 90-erJahre wäre wieder Gegenwart – angeführt von Hoeneß, 65, und Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge, blutjunge 62. Nur, wie der FC Bayern der Zukunft aussehen soll, weiß keiner mehr angesichts eines Clubchefs, der nicht loslassen kann, wie schon Ex-Kapitän Philipp Lahm vermutete.

Tatsächlic­h könnte schon im Sommer der Wandel vom Rentner- zum Jugendstil ausbrechen in München. Dann nämlich, wenn die HeynckesEr­ben Einzug halten in München: der Ernährungs- und Rotationss­pezialist Thomas Tuchel – oder auch Hoffenheim­s Coach Julian Nagelsmann (30) mit seinen neuartigen digitalen Methoden. Nagelsmann lässt sich jeden Morgen per App den gefühlten Leibeszust­and seiner Spieler zusenden. Ob Müller-Wohlfahrt und seine drei Kollegen, die die Tagesarbei­t im Training und in den meisten Spielen übernehmen sollen, damit klarkämen? Mutmaßlich schon. Denn der Arzt dürfte längst wissen: Alt ist nur, wer glaubt, schon alles zu wissen.

 ??  ??
 ?? FOTO: DPA (4)/IMAGO(1) ?? Patriarch Uli Hoeneß mit Karl-Heinz Rummenigge (o. li.), Jupp Heynckes (u. li.), Hermann Gerland (o. re.) und Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt.
FOTO: DPA (4)/IMAGO(1) Patriarch Uli Hoeneß mit Karl-Heinz Rummenigge (o. li.), Jupp Heynckes (u. li.), Hermann Gerland (o. re.) und Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany