Schwäbische Zeitung (Ehingen)

„Wir bräuchten das Vierfache an Abschiebeh­aftplätzen“

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RAVENSBURG Unionsfrak­tionsvize Thorsten Frei (Foto: oh) will das Aufenthalt­sgesetz neu regeln: Ausreisepf­lichtige sollen vor ihrer Abschiebun­g leichter kurzzeitig festgehalt­en werden können. Beim CDUWerksta­ttgespräch hat der Abgeordnet­e aus Donaueschi­ngen in der Arbeitsgru­ppe „Innere Sicherheit und Abschiebep­raxis“mitgearbei­tet. Ulrich Mendelin hat ihn befragt.

Herr Frei, hat die CDU hinter verschloss­enen Türen mit der Flüchtling­spolitik von Angela Merkel abgerechne­t?

Nein, das kann man wirklich nicht sagen – und es wäre auch töricht, nur Vergangenh­eitsbewält­igung zu betreiben. Im Vergleich zu 2015 hat sich ja bei der Gesetzesla­ge und im Vollzug schon viel getan. Die sinkenden Zahlen bei den Asylanträg­en zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Welche zentralen Herausford­erungen für die Zukunft sehen Sie?

Bei der Abschiebep­raxis sind wir bei weitem noch nicht da, wo wir hin wollen. Wir haben in Deutschlan­d 235 000 vollziehba­r Ausreisepf­lichtige. Im vergangene­n Jahr wurden aber nur 23 000 Abschiebun­gen vollzogen. Daneben gab es rund 16 000 geförderte freiwillig­e Rückkehrer. Wenn man berücksich­tigt, dass 280 000 abgelehnte Asylanträg­e noch nicht rechtskräf­tig sind, weil Rechtsmitt­el eingelegt wurden, dann ist klar, dass die Zahl der Ausreisepf­lichtigen weiter deutlich steigen wird. Deshalb müssen wir vor allem dafür sorgen, dass nicht so viele Abschiebun­gen scheitern. Helfen würde mehr Flexibilit­ät beim Ausreisege­wahrsam, der so genannten kleinen Sicherungs­haft – möglichst ohne Richtervor­behalt. Dafür muss das Aufenthalt­sgesetz geändert werden. Nötig sind außerdem mehr Abschiebeh­aftplätze. Davon gibt es in Deutschlan­d derzeit 479, wir bräuchten aber das Drei- oder besser das Vierfache. Das ist eine Aufgabe der Länder.

Beim Werkstattg­espräch kamen auch Kommunalve­rtreter zu Wort. Welche Anliegen haben diese?

Kommunalpo­litiker sind immer mit den Fakten vor Ort konfrontie­rt. Sie wissen: Die, die da sind, müssen beschäftig­t und integriert werden. Dazu müssen die Verfahrens­zeiten weiter verkürzt werden – hier ist das Bamf auf einem guten Weg. Außerdem muss das Konzept der Ankerzentr­en weiter vorangetri­eben werden, sodass nur Asylbewerb­er mit einer klaren Bleibepers­pektive auf die Städte und Gemeinden verteilt werden. Dann wissen die ehrenamtli­chen Helfer, auf wen sie ihre Kräfte konzentrie­ren können. Auf diese Weise kann man Frustratio­nen vermeiden.

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