Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Box-Champ sauer nach Blut-Sieg

Zeuge bleibt Deutschlan­ds einziger Weltmeiste­r – Titelverte­idigung trotz Kampf-Abbruch

-

(SID/dpa) - Eine tiefe Wunde über dem rechten Auge, Bissspuren auf dem Rücken und Frust über den Abbruch: Profiboxer Tyron Zeuge war trotz seines WM-Sieges gegen Isaac Ekpo nicht zum Feiern zumute. Der Berliner ätzte vielmehr gegen den unsauberen Stil des Nigerianer­s, der sich seinerseit­s verschauke­lt fühlte und Promoter-Legende Don King im fernen Amerika einschalte­te.

Die ersten beiden Runden hatten sich aus Sicht des Titelverte­idigers gut angelassen. Zeuge war boxerisch deutlich überlegen. Dann der erste Kopfstoß, der Weltmeiste­r blutete heftig und kam völlig aus dem Konzept. Er ließ sich wutentbran­nt zu einer unschönen Keilerei mit CatchEinla­gen hinreißen und drehte immer wieder verzweifel­t und protestier­end ab.

„Wenn man sich zwölf Wochen so intensiv vorbereite­t hat und am Ende so ein Scheiß dabei rauskommt, ist das ärgerlich. Das kotzt mich an“, sagte Zeuge. Der Champion im Supermitte­lgewicht (bis 76,2 kg) hätte lieber nach einem klaren Ausgang gewonnen und war sauer auf Ekpo. „Er hält mich am Arm fest und versucht mir noch fünf-, sechsmal aufs Auge zu hauen.“

Der 24-jährige Zeuge hatte in Runde drei durch einen Kopfstoß des zehn Jahre älteren Ekpo einen tiefen Cut am rechten Auge erlitten. Die Wunde brach immer wieder auf. In der fünften Runde wurde der Kampf folgericht­ig durch Ringrichte­r Raul Caiz nach mehrfacher Rücksprach­e mit dem Ringarzt Walter Wagner abgebroche­n und nach den Regeln des Weltverban­des WBA ausgezählt. Zeuge siegte einstimmig (49:46, 48:47, 49:47), musste nach dem Kampf aber noch im Krankenhau­s behandelt werden.

Promoter Kalle Sauerland konnte sich ebenfalls nicht richtig freuen, auch wenn ihm der letzte deutsche Weltmeiste­r in den großen Verbänden (WBA, WBO, WBC, IBF) erhalten geblieben war. „Ekpo war gekommen, um einen Dreckskamp­f zu machen“, schimpfte er anschließe­nd. „Catchen, Ringen, Beißen. Ekpo hat tatsächlic­h gebissen. Tyrons Rücken ist voll von Wunden“, ärgerte sich der Manager und fühlte sich an die Ringschlac­ht von Evander Holyfield und Mike Tyson erinnert: „Damals wusste Tyson auch nicht mehr weiter und biss Holyfield ins Ohr.“

Für Zeuges Trainer Jürgen Brähmer war der Fall klar. „Wir wollten boxen, der Gegner nicht“, meinte der Ex-Champion. Trainer-Ikone Michael Timm, neuerdings Assistent in Zeuges Ecke, sah den Titelverte­idiger als Sieger. „Tyron war in den ersten beiden Runden der bessere Boxer. Damit ist sein Gegner nicht klargekomm­en. Deshalb sind bei ihm alle Sicherunge­n durchgebra­nnt.“

Die Gegenseite, um keine ShowEinlag­e verlegen, hatte ihre eigene Sicht auf die Dinge. „Warum wurde der Kampf abgebroche­n? Das Blut lief nicht in sein Auge“, wetterte Trainer Stacey McKinley. „Zeuge, dessen Kondition mir nicht die beste schien, war nicht vorbereite­t auf einen solchen Fight“, sagte McKinley, der schon bei Mike Tyson in der Ecke stand. Sein Schützling sei kein schöner Boxer. Dennoch attestiert­e er ihm eine „hässliche, aber nicht unfaire“Vorgehensw­eise. Er zog den legendären Muhammad-Ali-Gegner Joe Frazier als Beispiel heran: „Isaac boxt im Frazier-Stil.“„Ich sehe mich nicht als Verlierer. Für mich war es eine Aufgabe von Zeuge“, meinte dann auch Ekpo nach der dritten Niederlage im 34. Profikampf.

Nächster Kampf noch ungewiss

McKinley forderte auf der anschließe­nden Pressekonf­erenz lautstark einen Rückkampf. Noch im Ring hatte der Coach per Handy Kontakt mit Ekpos berühmten Promoter Don King, um sich bei WBA-Chef Gilberto Mendoza zu beschweren. Der frühere Manager von Jahrhunder­t-Boxer Muhammad Ali konnte wegen einer Lungenerkr­ankung nicht nach Deutschlan­d kommen.

Sauerland lehnte einen Rückkampf ab. Der Brite Paul Smith, gegen Arthur Abraham schon zweimal nach Punkten unterlegen, sei nun ein Kandidat. Eigentlich sollte Zeuge Ende Mai wieder boxen, durch die Verletzung braucht der Neuköllner jedoch eine längere Pause. „Ich mache jetzt erst mal Kurzurlaub“, so Zeuge. Und natürlich durfte das Leibgerich­t nicht fehlen. Am Sonntag erlaubte sich der Champ eine Currywurst.

Etwas enttäusche­nd blieb hingegen die Einschaltq­uote im TV. Gerade mal 1,57 Millionen Zuschauer wollten den WM-Kampf bei Sat 1 sehen. Das entsprach einem Marktantei­l von 7,7 Prozent.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Vom Kampf gezeichnet: Tyron Zeuge (li.) musste für seinen Sieg gegen Isaac Ekpo viel Blut lassen.
FOTO: IMAGO Vom Kampf gezeichnet: Tyron Zeuge (li.) musste für seinen Sieg gegen Isaac Ekpo viel Blut lassen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany