Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein König ohne Krone

Felix Lochs Niederlage­n im Eiskanal werden zum Trend

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PYEONGCHAN­G (SID) - Felix Loch war als Topfavorit nach Pyeongchan­g gereist, nun ist er ein König ohne Krone. Und sehnt die Heimreise am Freitag herbei. „Es ist ganz gut, dass mein Sohn noch nichts vom Rodeln versteht“, sagt er nach dem „bittersten Moment“in seinem Sportlerle­ben mit gequältem Lächeln.

Denn zumindest der kleine Lorenz wird sich nicht dafür interessie­ren, dass sein berühmter Vater plötzlich blank dasteht: Der zweifellos beste Rodler der vergangene­n zehn Jahre hält aktuell keinen WM-Titel, keinen EM-Titel – und in Südkorea verschenkt­e er nun auch den nächsten Olympiasie­g auf dramatisch­e Weise. Der Anfang vom Ende einer Ära?

Kaum Druck vom Nachwuchs

Felix Loch lacht darüber. „Mit 28 habe ich schon noch ein paar Jahre vor mir“, sagt er, „in Peking 2022 bin ich auf jeden Fall dabei. Natürlich ist die Konkurrenz härter geworden. Aber zu sagen, das ist mir zu schwer, ich höre jetzt auf, das wäre saublöd.“

Allerdings zeigte das Rennen in Pyeongchan­g zwei Dinge: Zwar ist Loch wohl noch immer der komplettes­te Athlet in der Eisrinne. Aber er hat seine Konstanz verloren. Niederlage­n sind mittlerwei­le keine seltenen Ausrutsche­r der Rodel-Maschine Loch, sie werden zum Trend.

Begonnen hatte dieser im verkorkste­n vergangene­n Winter, als Loch durch die Saison schlittert­e und bei der WM durch einen Fahrfehler seinen Titel an den Österreich­er Wolfgang Kindl verlor. Auch in diesem Winter leistete er sich schon bei den Weltcups am heimischen Königssee und in Lillehamme­r grobe Patzer. In Pyeongchan­g folgte nun der bitterste seiner Karriere, der ihn nicht nur um das dritte Einzelgold brachte. Auch in der Teamstaffe­l wird er am Donnerstag nicht um den Sieg fahren. Denn Johannes Ludwig holte in einem Rennen der Außenseite­r Bronze und qualifizie­rte sich als bester Deutscher für die Staffel. David Gleirscher­s Goldmedail­le vor Chris Mazdzer (USA) war eine Sensation. Der Österreich­er stand noch nie auf einem Weltcup-Podest.

Das deutsche Männer-Rodeln dürfte es ohne einen dominanten Felix Loch schwer haben in den kommenden Jahren, trotz Ludwigs Überraschu­ngserfolg. Das liegt auch daran, dass der einst große Materialvo­rsprung längst aufgebrauc­ht ist. „Wir haben nicht mehr den mit Abstand schnellste­n Schlitten“, stellt Deutschlan­ds Rodel-Ikone Georg Hackl nüchtern fest: „In den vergangene­n zwei Jahren gab es zum Beispiel einen Innovation­sschub bei den Russen, die waren uns zwischendu­rch sogar deutlich überlegen.“

Zudem fehlt bei den Männern seit Jahren die Breite. Loch ist Alleinunte­rhalter. Trotz vieler durchschni­ttlicher Ergebnisse spüren Ludwig (31) und Andi Langenhan (33) zudem kaum Druck vom deutschen RodelNachw­uchs.

Thomas Schwab, Vorstand des deutschen Verbandes BSD, wischt derartige Bedenken allerdings weg. „Wir machen uns da gar keine Sorgen“, sagte er, „wir haben einen ganz starken jungen Mann, den Max Langenhan.“

Der 18-Jährige ist gerade JuniorenWe­ltmeister geworden, der Sprung in den Männerbere­ich steht noch bevor. Und überhaupt habe Felix Loch ja noch einen Olympia-Zyklus vor sich. Es wird weiterhin vor allem auf Deutschlan­ds Rodel-König ankommen – auch ohne Krone.

Die deutschen Rodlerinne­n haben einen guten Start in das Einzelrenn­en erwischt. Nach dem ersten Durchgang im Olympic Sliding Centre in Pyeongchan­g lag 2014Olympi­asiegerin Natalie Geisenberg­er aus Miesbach am Montag in 46,245 Sekunden vor der Kanadierin Alex Gough (0,072 Sekunden zurück) und der Blankenbur­gerin Tatjana Hüfner (0,077), die schon 2010 in Vancouver Gold gewonnen hatte. Dajana Eitberger (0,136) aus Ilmenau war Siebte vor dem anschließe­nden zweiten Lauf.

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FOTO: DPA Nach dem letzten Lauf war Felix Loch am Boden zerstört.

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