Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Der Traum des Vierfach-Weltmeisters
Der Oberstdorfer Kombinierer Johannes Rydzek könnte seine „Immer-noch-Mega-Saison“krönen
PYEONGCHANG - Lahti, die Erfahrung hat Johannes Rydzek diesen Winter schon mehrfach gemacht, ist weit, weit weg. In Lahti ist Johannes Rydzek Weltmeister geworden vergangenes Frühjahr. Nicht einmal – viermal: Großschanze, Normalschanze, Mannschaftswettbewerb, Teamsprint. Mehr geht nicht in der Nordischen Kombination. Jetzt startet der 26-Jährige vom SC 1906 Oberstdorf bei seinen dritten Olympischen Spielen. Als Weltcup-Fünfter mit bisher einem Saisonsieg, einem zweiten und einem dritten Platz. „Die Weltspitze ist recht eng zusammengerückt“, sagt Johannes Rydzek. „Ich weiß, dass da diesmal alles möglich sein kann.“Auch ein Olympiasieg? „In Südkorea Edelmetall holen, vielleicht sogar Gold, das ist ein Traum. Ich möchte mir den gern erfüllen, aber ...“
... da gibt es auch noch andere. Die Konkurrenz hat aufgeholt nach der so dominanten Saison von Bundestrainer Hermann Weinbuchs Team. 21 der 23 Weltcup-Einzelwettbewerbe gewann 2016/17 ein Deutscher, acht davon Johannes Rydzek. Aktuell bestimmt Japans Akito Watabe im Weltcup die Richtung, Norwegen ist kollektiv wiedererstarkt. Die Frage nach Deutschlands Auftritten (je einen Einzelsieg gab es noch für Eric Frenzel und Fabian Rießle) beantwortet Johannes Rydzek reflektiert und klar: Das vergangene Jahr sei „echt ein Ausnahmejahr“gewesen, „und jetzt ist es immer noch eine Mega-Saison. Wenn man das immer vergleicht, dann kommt man in so ’ne Unzufriedenheit rein. Weil: Dann schätzt man den zweiten Platz nicht mehr, dann schätzt man den vierten Platz nicht mehr – und das sind Super-Ergebnisse.“ Um auch in Pyeongchang in deren Bereich zu kommen, hat Johannes Rydzek in der direkten Olympiavorbereitung in Oberstdorf vor allem auf der Schanze gearbeitet. Stabilisieren wollte er seinen Sprung, sein „Setup wirklich festigen“. Läuferisch sei er, „so denk’ ich, auch in ’ner echt guten Position“.
In Südkorea angekommen sind die Kombinierer am Samstagabend. Die Eröffnungsfeier hatte schlicht nicht ins Konzept gepasst, das Hermann Weinbuch mit seinem Stab ausgetüftelt hatte. Ausnahme: Fahnenträger (und deshalb Früher-Flieger) Frenzel. Für Johannes Rydzek kein Problem, „echt mega-coole Erlebnisse“seien Vancouver und Sotschi diesbezüglich gewesen. „Aber man muss trotzdem immer noch sehen, dass das ja dann doch irgendwo der wichtigste Wettkampf in dem Jahr – wenn nicht in vier Jahren – ist.“Teil eins (Normalschanze/10 km) diesen Mittwoch (7 Uhr/9.45 MEZ/ ZDF und Eurosport), wenn der Wind ums Alpensia Ski Jumping Centre mitspielt.
Das tat er an den ersten beiden Trainingstagen bedingt. Drei von sechs angesetzten Durchgängen mussten ausfallen, dreimal sprang Johannes Rydzek. Einen „richtig guten“ersten Versuch machte Hermann Weinbuch aus, „die nächsten zwei waren nicht das, was er kann“. Möglichkeit zur Korrektur gibt der heutige letzte Trainingsblock. Nochmals der Bundestrainer: „Johannes ist auf dem Sprung, und ich habe das Gefühl, dass er das noch bis zum Wettkampf umsetzen kann.“
Er sei, hatte Johannes Rydzek vor dem Abflug nach Südkorea gesagt, „auch nicht todunglücklich, wenn es keine Medaille ist. Aber der Traum lebt.“