Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Nur ein Schritt der Aufklärung

- Von Uwe Jauß u.jauss@schwaebisc­he.de

Nach der Urteilsver­kündung im NSU-Prozess dürfte es zumindest in politische­n Kreisen eine gewisse Erleichter­ung gegeben haben. Der Fokus liegt hierbei auf der Hauptangek­lagten Beate Zschäpe. Was wäre gewesen, wenn das Oberlandes­gericht München die Mittätersc­haft der Frau an den Morden als nicht erwiesen angesehen hätte? Im Vorfeld hatte es solche Befürchtun­gen gegeben. Im Extremfall wäre vielleicht nur schwere Brandstift­ung übrig geblieben – mit der Folge eines mildereren Richterspr­uchs. Von vielerlei Seiten hätte es dann geheißen: ein Skandalurt­eil.

Der Strafsenat hätte es wohl trotzdem gefällt, wenn er der entspreche­nden Überzeugun­g gewesen wäre. Politische­m Druck nachzugebe­n, ist nicht das Ding des als stur bekannten Vorsitzend­en Richters Manfred Götzl. In seiner Begründung wird schließlic­h auch klar, weshalb das Urteil nur so lauten konnte, wie es verkündet wurde. Gleichzeit­ig machen die tatsächlic­h vorhandene­n Befürchtun­gen, dass Zschäpe zu einfach davonkomme­n könnte, etwas sehr Einschneid­endes deutlich: Bis in die letzte Verzweigun­g hinein ist der NSU-Komplex bei Weitem nicht aufgeklärt. Vieles bleibt nebulös. Erstaunlic­h nach einem Mammutproz­ess, weiteren Verfahren und rund einem Dutzend parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschü­ssen.

Thematisie­rt wird dabei immer wieder die Bundesanwa­ltschaft. Sie hat den NSU praktisch Kraft ihres Amtes als Mördertrio mit nur sehr wenigen Helfern definiert. Juristisch gesehen mag dies mithelfen, einen solchen Prozess überschaub­ar zu halten. Anderersei­ts ist es schwer vorstellba­r, dass der Dreier-Kern des NSU ohne größeres Netzwerk fast 14 Jahre lang im Untergrund operieren konnte. Vieles andere bleibt ebenso rätselhaft. So fehlen beim Mord an der Heilbronne­r Polizistin Kiesewette­r jegliche handfeste Hintergrün­de. Da will man selbstvers­tändlich mehr wissen. Im Rückschlus­s bedeutet dies, dass der nun beendete Prozess nur ein weiterer Schritt bei der NSUAufklär­ung sein kann. Nicht dass noch irgendwo unentdeckt­e braune Mordgesell­en unter uns sind.

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